Mit einer Petition auf dem Internetportal https://www.openpetition.de- betitelt Verbleib des 1944 geretteten Danziger Paramentenschatzes im Lübecker St. Annen-Museum - soll verhindert werden, daß die EKD treuhänderisch in ihrem Eigentum befindliches deutsches Kulturgut aus den untergegangenen evangelischen Gemeinden der historischen deutschen Ostprovinzen an Polen ohne Gegenleistung verschenkt. Die Forderung lautet: Die Paramente sollen im Lübecker St. Annen- Museum dauerhaft verbleiben.
Um Unterstützung dieser Petition wird herzlich gebeten.
Ihre Unterschrift auf der Petition können Sie ganz einfach auf folgenden Link leisten:
http://www.ostdeutsche-museen.de/html/paramente__marienkirche.html
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Paramente aus der Marienkirche zu Danzig
Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow, der letzte evangelische Pfarrer an St. Marien zu Danzig, rettete Ende 1944 mit einigen getreuen Gemeindemitgliedern die unermeßlich wertvollen mittelalterlichen liturgischen Textilien seiner Kirche vor der drohenden Vernichtung durch die herannahende Rote Armee. 289 Teile wur den auf dem Weg nach Bayern zunächst in Thüringen bewahrt. Dort verblieben 183 Paramententeile, die 1961 von der DDR- Regierung an die Volksrepublik Polen überstellt wurden. Seitdem werden sie im Nationalmuseum Danzig gezeigt. 106 Teile der Paramente aus Danzig konnte Dr. Gülzow auf abenteuerlichem Wege nach Lübeck holen und zunächst in seinem Pfarrhaus in der Lübecker Luther-Kirche zusammenführen. Eigentümerin der Paramente war nach dem Untergang der evangelischen Gemeinden in den historischen deutschen Regionen östlich von Oder und Neiße die UEK in der Evangelischen Kirche Deutschlands. Ab 1964 fanden die Paramente im Westwerk der Marienkirche zu Lübeck Platz und konnten hier von etwa 7.000 Besuchern jährlich bestaunt werden. Der Präsentationort gefährdete den textilen Bestand zunehmend. Er war nicht sachgerecht. Über einen Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche und der Hansestadt Lübeck gelangten die Paramente in das Lübecker St. Annen-Museum und wurden ab 1990 in einer stiftungsseits finanzierten Klimakammer den ICOM-Vorgaben entsprechend präsentiert. Bei nach 2010 erfolgten Lübeckbesuchen konnte ich irritiert feststellen, daß die Paramente sich nicht mehr im Ausstellungsbereich des Museums befanden. Zwischen dem 5. bis 7. Oktober 2018 veranstalteten das Kulturwerk Danzig und die Danziger Naturforschende Gesellschaft ihr XXXIX. Forum Gedanum in Lübeck. Ein wichtiger Themenkomplex waren die Paramente aus der Danziger Marienkirche. Meine Fragen, wo sich die Danziger Paramentenschätze nunmehr befänden, wurden nicht eindeutig beantwortet. Dies veranlaßte mich am 15. Oktober 2018 zu einer Anfrage bei dem damaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Herrn Bischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm. Unter dem Datum 6. November 2018 erteilte mir OKR Dr. Philipps im Auftrag des Bischofs eine Antwort, in der es u. a. hieß, eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen sei nicht vorgesehen. Diese Formulierung schloß allerdings eine spätere Rückführung nicht konsequent aus. Das habe ich Herrn Dr. Philipps in meiner Replik vom 12.11.2018 zu verstehen gegeben. In einer sehenswerten Exposition zeigte das St. Annen-Museum ab 19. Januar 2019 seine einmaligen Paramentenschätze, darunter jene, die Pastor Gülzow aus Danzig retten konnte. Unbegreiflich waren im Dezember 2022 Informationen, die mich aus Lübeck erreichten. In den Lübecker Nachrichten war am 14. Dezember zu lesen, daß die Danziger Paramente nach Polen überstellt werden sollten. Konkreter wurde dann die Pressemitteilung der EKD vom 9. Dezember 2022. Dort hieß es: Ausdruck deutsch- polnischer Freundschaft: Spätmittelalterliche Textilien sollen von Lübeck zurück zur Marienkirche Gdansk gebracht werden. Ob die Lübecker Paramente tatsächlich in die Danziger Marienkirche zurückkehren werden - wie die Pressemitteilung betont - oder ob nicht das Danziger Nationalmuseum als Bewahrungsort dienen wird, wie es bereits für die 1961 aus der DDR nach Polen gelangten Teile geschehen ist, sei dahingestellt.
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Es folgen die Presseerklärungen der EKD vom 9. Dezember 2022 und der Landsmannschaft Westpreußenn e. V. Berlin vom 27. Februar 2023 sowie die Stellungnahmen von Danzigern, Westpreußen und Freunden des Danziger Paramentenschatzes:
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AUFLISTUNG DES INHALTS UND DER STELLUNGNAHMEN
- Pressemitteilung der EKD vom 09.12.2022
- Pressemitteilung der LM Westpreußen Berlin vom 27.02.2023
- Pressemitteilung der LM Westpreußen Berlin vom 28.03.2023
- Markus Patzke im DOD - Deutscher Ostdienst 1/2023: Tatsächlich Ausdruck deutsch-polnischer Freundschaft?
- Schreiben an Bischof Heinrich Bedford-Strohm, EKD, vom 18.10.2022 (Martens)
- Schreiben an Dr. Philipps, EKD, vom 12.11.2022 (Martens)
- 1. Schreiben an Frau Präses Kurschus,EKD, vom 27.12.2022 /Martens)
- Emailschreiben an EKD vom 12.01.2023 (Prof. Dr. Gornig)
- Schreiben OKR Dr. Evang, EKD, vom 24.01.2023
- Emailschreiben an Dr. Evang, EKD, vom 25.01.2923 (M.Lietzow)
- Schreiben an Dr. Evang, EKD, vom 02.02.2023 (H.-J. Kämpfert mit Anhang)
- 2. Schreiben an Frau Präses Kurschus, EKD, vom 02.02.2023 (Martens)
- Schreiben an BK Olaf Scholz vom 13.02.2023 (Hanke/Kämpfert/Martens)
- Schreiben des Vorsitzenden der Historischen Kommission für o. - w. Landesforschung vom 18.02.2023
- Schreiben an Präses Kurschus, EKD, vom 03.03.2023 (R. Benl)
- Antwort der EKD vom 23.03 2023 auf das Schreiben von Dr. Benl vom 03.03.2023
- Bericht in Lübecker Nachrichten vom 5./6.02.2023 (Autor Peter Intelmann)
- Bericht in Preußische Allgemeine vom 17.03.2023 (Autor Fedor M. Mrozek)
- Mail-Anschreiben an Bürgermeister Jan Lindenau (Martens) vom 01.04.2023
- Offener Brief an Bürgermeister Jan Lindenau vom 11.04.2023. Weder die Mail noch der Brief wurden beantwortet.
- Schreiben vom 05.04.2023 an den Leiter der Lübecker Museen Dr. Tilmann v. Stockhausen (Martens)
- Korrespondenz mit Dr. Dagmar Täube und Dr. Martin Evang ab 29.03.2023 bis 19.05.2023
- Email-Stellungnahmen engagierter Freunde des Danziger Paramentenschatzes
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Pressemitteilung der EKD vom 9. Dezember 2022
"Danziger Paramentenschatz" kehrt zurück
Ausdruck deutsch-polnischer Freundschaft: Spätmittelalterliche Textilien sollen von Lübeck zurück zur Marienkirche Gdansk gebracht werden
Die Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK) und die Marienkirche Gdansk haben sich darauf verständigt, in den kommenden Jahren das Eigentum an dem sogenannten "Danziger Paramentenschatz" von der UEK auf die Marienkirche Gdansk zu übertragen und die Paramente an ihren Herkunftsort zurückkehren zu lassen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben beide Seiten am Donnerstagabend (8.12.2022) im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover unterzeichnet. Die aus der Marienkirche Gdansk stammenden spätmittelalterlichen liturgischen Textilien waren am Ende des Zweiten Weltkriegs von Mitgliedern der damals evangelischen Marienkirchengemeinde zum Schutz vor Kriegsschäden auf die Flucht mitgenommen worden und zu großen Teilen nach Westdeutschland gelangt. Hier wurden sie zunächst in der Marienkirche Lübeck zusammengeführt und von der Evangelischen Kirche der Union (EKU; heute: UEK), als Rechtsnachfolgerin der untergegangenen Evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig dauerhaft an das St. Annen-Museum Lübeck ausgeliehen. Ein kleiner Bestand wird im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg aufbewahrt. Einzelne Paramente sollen als Leihgaben der Marienkirche Gdansk auch künftig in Lübeck und Nürnberg ausgestellt werden.
"Stadt und Erzbistum Gdansk freuen sich sehr, dass nach dem Dreifaltigkeitsaltar, der seit 2020 nach über siebzig Berliner Jahren wieder in der Marienkirche Gdansk steht, demnächst auch der Paramentenschatz nach Hause kommt", sagte der Erzbischof Tadeusz Wojda bei der Unterzeichnung des Letter of Intent im Kirchenamt der EKD. Der UEK-Vorsitzende Kirchenpräsident Volker Jung hob den Geist der ökumenischen und der polnisch-deutschen Freundschaft hervor, in dem die Danziger Partner die Initiativen der UEK schon beim Dreifaltigkeitsaltar und nun bei den Paramenten aufgenommen hätten. Als Pfarrer der Marienkirche Gdansk erinnerte Prälat Ireneusz Bradtke an die katholisch-evangelische Vergangenheit der Marienkirche Gdansk und an die daraus folgende gemeinsame Verantwortung. Die Ratsvorsitzende der EKD, Präses Annette Kurschus, die in der EKD für die deutsch-polnischen Beziehungen zuständig ist, und Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber, die als Vizepäsidentin des Kirchenamtes der EKD den Amtsbereich der UEK leitet, erhoffen sich positive Wirkungen des Vorhabens auf die zwischenkirchlichen und zwischenstaatlichen Beziehungen. Als Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Gdansk lobte Cornelia Pieper die Vereinbarung: "Das ist ein großartiges Beispiel für zivilgesellschaftliche Initiativen, die die deutsch-polnische Freundschaft voranbringen und vertiefen."
Hannover, 9. Dezember 2022 Pressestelle der EKD Carsten Splitt
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Nachstehende Erklärung der EKD (UEK) soll die Kritiker der von der evangelischen Kirchenleitung beabsichtigten Schenkung der in Lübeck bewahrten Danziger Paramente beschwichtigen, ohne daß in irgendeiner Weise auf ihre der Kirche übermittelten Stellungnahmen eingegangen wird. Ein beschämendes Beispiel dafür, wie eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit ihr treuhänderisch übertragenes - aus den historischen Ostgebieten stammendes - deutsches Kulturgut verfährt. Die noch lebenden evangelischen Gemeindemitglieder der Danziger Marienkirche und ihre Nachfahren wurden nicht um Zustimmung zu dieser Geschenkaktion ersucht. Wo sie sich mutig gegen die Absicht der Kirche stellten, wurde ihr Votumg ignoriert.
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Erklärung zur beabsichtigten Rückkehr des Danziger Paramentenschatzes zur Marienkirche Danzig
Die Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK), das Erzbistum Danzig und die Marienkirchengemeinde Danzig haben am 8. Dezember 2022 einen „Letter of Intent“ unterzeichnet. Er sieht vor, dass die Teile des sog. Danziger Paramentenschatzes, die sich im Eigentum der UEK befinden und in Lübeck und Nürnberg aufbewahrt werden, (1) in absehbarer Zeit in das Eigentum der Marienkirche Danzig übergehen und (2) zur Marienkirche Danzig zurückkehren, dass (3) einzelne Paramente weiterhin in Lübeck und Nürnberg ausgestellt werden und (4) ein gemeinsamer Fachbeirat berufen wird, der die Umsetzung des „Letter of Intent“ begleiten soll. Seither sind bei der UEK und bei der EKD eine Reihe kritischer Stellungnahmen zu diesem Projekt eingegangen. Mit der folgenden Erklärung möchte die UEK das Vorhaben noch eingehender erläutern, die Beweggründe verdeutlichen, Missverständnisse ausräumen und um Zustimmung werben. 1. Die Initiative zu dem Projekt ging nicht von polnischer Seite, sondern allein von der UEK aus. Wie im Fall des Dreifaltigkeitsaltars der Georgsbruderschaft, der im März 2020 auf Initiative der UEK im Wege einer Schenkung aus Berlin in die Marienkirche Danzig zurückgekehrt ist, kommt auch jetzt für die UEK nur die Kirche, namentlich die Marienkirche und das Erzbistum Danzig, als Gegenüber auf polnischer Seite in Betracht. Gleichwohl ist vor der Rückkehr des Dreifaltigkeitsaltars in die Marienkirche Danzig die Zustimmung zuständiger Stellen der deutschen Bundesregierung eingeholt worden und haben an den aus diesem Anlass stattfindenden Feierlichkeiten auch Vertreterinnen und Vertreter der deutschen und der polnischen Politik teilgenommen. Zudem wurde im „Letter of Intent“ zum Danziger Paramentenschatz festgelegt, dass zu den Aufgaben des gemeinsamen Fachbeirats auch die Klärung politischer Fragen gehört, die sich bei diesem Vorhaben stellen. 2. Wie es beim Dreifaltigkeitsaltar der Fall war, sollen die Paramente in das Eigentum der Marienkirche Danzig übergehen, und zwar durch den Abschluss eines Schenkungsvertrages. Der entscheidende Punkt ist hier, dass durch die Annahme der Schenkung die derzeitige Eigentümerstellung der UEK anerkannt wird. Eine Schenkung bedarf ihrer Natur nach keiner Gegenleistung. Allerdings wird die Rückkehr der Paramente an die Bedingung geknüpft sein, dass sie in Danzig konservatorisch adäquat aufbewahrt und der Öffentlichkeit kontinuierlich präsentiert werden. 3. Wie beim Dreifaltigkeitsaltar ist bei den Paramenten nicht von einer Rückgabe, Rückführung oder Restitution die Rede, sondern von ihrer Rückkehr oder auch Heimkehr zur Marienkirche Danzig. Diese Sprachregelung beugt der Spekulation vor, als seien die Paramente unrechtmäßig nach Lübeck bzw. Nürnberg und ins Eigentum der UEK, der Rechtsnachfolgerin der untergegangenen evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig, gelangt oder als würden sie auf eine Forderung hin zurückerstattet. Sie stellt den Gedanken in den Mittelpunkt, dass die Paramente als historische Objekte und als kulturelles Erbe untrennbar mit der Marienkirche Danzig verbunden sind und dorthin zurückkommen. 4. Der Dreifaltigkeitsaltar ist in die Marienkirche Danzig zurückgekehrt, die Paramente sollen zu ihr zurückkehren. Für ihre konservatorisch optimale dauerhafte Aufbewahrung und Ausstellung kommt die Marienkirche selbst als Gebäude nicht in Betracht. Vielmehr soll ein Museum bei der Marienkirche errichtet werden, das für die Erhaltung, weitere Erforschung und Präsentation der Paramente optimale Bedingungen bietet. 5. Die Rückkehr der derzeit in Deutschland aufbewahrten Danziger Paramente erfolgt in der Erwartung, dass der gesamte Danziger Paramentenschatz, der 1944 auf Initiative von Oberkonsistorialrat Pfarrer Dr. Gerhard Gülzow durch Mitglieder der deutschen evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig vor Verlust und Zerstörung gerettet wurde und nur deshalb überhaupt noch existiert, wieder bei der Marienkirche Danzig zusammengeführt wird – einschließlich der derzeit im Nationalmuseum Danzig aufbewahrten Teile. Hierfür kann die UEK Impulse geben und Unterstützung anbieten; die Konkretisierung dieser Perspektive liegt bei den Danziger Partnerinnen und Partnern. 6. Zur Bewahrung der Erinnerung an die Rettung der Paramente und als dauerhafte kulturelle Brücke zwischen Polen und Deutschland sollen im St. Annen-Museum in Lübeck und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg weiterhin einzelne Danziger Paramente, dann als Leihgaben der Marienkirche Danzig, ausgestellt werden. Die exemplarische Präsentation Danziger Paramente in Deutschland bleibt also gewahrt. 7. Die Begegnungen zwischen der UEK und des Erzbistums und der Marienkirche Danzig haben sowohl auf der Leitungs- als auch auf der Arbeitsebene wie auch in der Feier von Gottesdiensten die Einsicht reifen lassen, dass die Marienkirche Danzig auf herausragende Weise die geschichtliche Verbundenheit von Deutschen und Polen sowie zwischen römisch-katholischer und evangelischer Kirche symbolisiert. Diese Einsicht hat zu dem beiderseitigen Entschluss geführt, eine Narration der Versöhnung zu entwickeln, die geschichtliche Verbundenheit und gemeinsame Zukunftsverantwortung verknüpft und darin den Prinzipien sowohl der Europäischen Union als auch der christlichen Ökumene folgt, denen sich die UEK verpflichtet weiß. 8. Den Partnern ist bewusst, dass eine solche neue Erzählung und die sie begleitenden Zeichen der Versöhnung sowohl in Deutschland als auch in Polen ernsten Vorbehalten begegnen, die aus den geschichtlichen Belastungen zwischen beiden Ländern und Konfessionen herrühren. Sie fühlen sich verpflichtet, diesen Vorbehalten verständnisvoll zu begegnen und gleichwohl für die gemeinsam gewonnene Einsicht zu werben.
Hannover, im Mai 2023
Petra Bosse-Huber Bischöfin Vizepräsidentin des Kirchenamtes der EKD Leiterin des Amtsbereichs der UEK
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Die Absicht der EKD, den Lübecker Paramentenschatz nach Danzig abzugeben, kritisiert die Landsmannschaft Westpreußen e.V. Berlin in nachstehender Presseerklärung:
LW
Pressemitteilung 27. Februar 2023
Evangelische Kirche Deutschlands vergibt deutsches Kulturgut
Unter größter Lebensgefahr rettete der letzte evangelische Pastor an St. Marien in Danzig, Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow, mit einigen Getreuen rund 286 unermesslich wertvolle liturgische Textilien (bekannt als Danziger Paramentenschatz) Ende 1944 vor der anstürmenden Roten Armee. Auf verschlungenen Pfaden gelangten sie teils nach Bayern und teils nach Thüringen. 1961 übergab die DDR-Regierung den Thüringer Teil der Paramente – 183 Stücke – an Polen. Sie werden heute im Danziger Nationalmuseum verwahrt. Der Danziger Pastor Gülzow konnte nach dem Zweiten Weltkrieg insgesamt 103 Paramententeile in Lübeck zusammenführen. Zunächst bewahrt in seinem Pfarrhaus an der Lübecker Lutherkirche – hier war er nach Flucht und Vertreibung Pfarrer –, waren die Paramente von 1964 bis 1990 für die Öffentlichkeit in St. Marien zu Lübeck zugänglich. Da die Mariengemeinde in Danzig als Eigentümerin der Sammlung nicht mehr existierte, ging sie in den Besitz der Evangelischen Kirche der Union (EKU) mit Sitz in Berlin über. Es zeigte sich bald, dass St. Marien zu Lübeck nicht der geeignete Ort zur Bewahrung der Danziger Paramente war. Deshalb schloss die EKU als Eigentümerin der Sammlung einen Vertrag mit der Stadt Lübeck, die eine Überführung in das St. Annen-Museum ermöglichte. In einer eigens gefertigten Paramentenkammer wurden die liturgischen Gewänder ab 1990 dort gezeigt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt erhob Polen Ansprüche auf Überführung der Paramente nach Danzig. Ob ein Zusammenhang mit diesen sog. „Rückforderungsansprüchen“ und der Schließung der Paramentenkammer nach wenigen Jahren der öffentlichen Zugänglichkeit im St. Annen-Museum besteht, kann hier nicht nachgegangen werden. Jedenfalls wurden die Paramente im Museumsmagazin eingelagert und fachmännisch betreut. Auf einer Tagung des Kulturwerks Danzig und der Danziger Naturforschenden Gesellschaft im Oktober 2018 wurde intensiv die Frage diskutiert, was künftig angesichts der polnischen Ansprüche mit den Danziger Paramenten geschehe. Die EKD, Rechtsnachfolgerin der EKU, hatte in einem Schreiben erklärt, dass eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen nicht vorgesehen sei. Fast zeitgleich wurden in der am 18.01.2019 eröffneten großartigen Präsentation Teile der Danziger Paramente im St. Annen-Museum wiederum gezeigt. Dann überraschte die Leitung der EKD mit ihrer Presseerklärung vom 9. Dezember 2022 die interessierte Öffentlichkeit mit folgender Ankündigung: "Stadt und Erzbistum Gdańsk freuen sich sehr, dass […] demnächst auch der Paramentenschatz [aus Lübeck, Zusatz] nach Hause kommt", sagte der Erzbischof Tadeusz Wojda bei der Unterzeichnung des Letter of Intent im Kirchenamt der EKD. […] Die Unterzeichnung der Vereinbarung fand am 8. Dezember 2022 statt. Der Baubeginn der Danziger Marienkirche geht auf das Jahr 1343 zurück, die Fertigstellung erfolgte 1503. Mit der Reformation 1525 wurde die Marienkirche evangelisch, und diente den deutschen evangelischen Christen in Danzig bis zur Flucht und Vertreibung 1944/45 als Gotteshaus. Unverständlich ist, dass die EKD ohne polnische Gegenleistung die Danziger Paramenten-Sammlung aus der Obhut des St. Annen-Museums – dort wurden die liturgischen Textilien mit öffentlichen Steuergeldern über Jahrzehnte konservatorisch betreut und somit bewahrt – entfernen will und als Geschenk an das katholische Erzbistum Gdańsk abgibt. Bisher haben nur wenige Privatpersonen sich mit kritischen Eingaben an die Leitung der EKD gegen deren Absicht gewandt, dieses unschätzbar wertvolle deutsche Kulturgut aus Danzig, über Jahrhunderte von der evangelischen Danziger Marienkirchengemeinde getreulich bewahrt und schließlich am Ende des zweiten Weltkriegs von Pastor Gülzow in den Westen gerettet, abzugeben. Alle Deutschen, denen die deutsche Geschichte – auch die Geschichte der historischen Reichsgebiete östlich von Oder und Neiße – etwas bedeuten, sind aufgefordert, gegen die Absicht der EKD mit Eingaben zu protestieren. Die Verbände der Vertriebenen und ihre Kultureinrichtungen müssen mit allem Nachdruck den Erhalt des deutschen Kulturguts für uns Deutsche fordern und durchsetzen. Letztendlich muss die bundesdeutsche Politik die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, dass solche Transfers von deutschem Kulturgut ins Ausland nicht mehr möglich sind. Parteien, Bundes- und Landes-regierungen müssen hierzu alles Nötige schnellstens in die Wege leiten.
Reinhard M. W. Hanke, Berlin / Hans-Jürgen Kämpfert, Lübeck / Dr. Jürgen Martens, Königswinter
Landsmannschaft Westpreußen e.V. Berlin www.westpreussen-berlin.de, danzig.westpreussen.berlin@gmail.com Brandenburgische Straße 24 Steglitz, 12267 Berlin, Ruf: 030-257 97 533
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LW
Pressemitteilung 28. März 2023
Petition gegen EKD-Beschluß zur Fortgabe der Danziger Paramente ins Ausland
Die Presseerklärung der Landsmannschaft Westpreußen e.V. Berlin vom 27. Februar 2023 wurde von der evangelischen Kirchenleitung vollständig ignoriert. Auch die Verbände sowie die Politik reagierten bisher nicht (Stand: 28.03.2023). Dafür haben zahlreiche Privatpersonen, auch im Namen von Gruppierungen, in denen sie tätig sind, ihr vollständiges Unverständnis zum Letter of Intend (zu deutsch: Absichtserklärung) der Spitze der EKD in ihrer Presseerklärung vom 9. Dezember 2022 geäußert. Verbittert zeigten sie sich gegenüber dem schamlosen Umgang der EKD mit deutschem Kulturgut aus dem historischen deutschen Osten. Dem Erzbistum Danzig will die EKD die einmaligen geistlichen Textilien, den Danziger Paramentenschatz, übergeben. Die Paramente wurden Ende 1944 von dem letzten evangelischen Pastor an St. Marien zu Danzig, Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow – alten Lübeckern noch als P astor an der Lutherkirche vertraut - unter Lebensgefahr nach Thüringen gerettet. 186 Teile dieser Paramente übergab 1961 die damalige DDR-Regierung an Polen. 103 Paramente konnte Pastor Gülzow in Lübeck zusammenführen; sie befinden sich seit vielen Jahren im Lübecker St. Annen-Museum – konservatorisch behandelt mit Mitteln des deutschen Steuerzahlers – und werden dort der Öffentlichkeit präsentiert. Die Paramente sollen nunmehr in die Danziger Marienkirche überführt werden; die EKD spricht fälschlicherweise von „Rückführung“. Bemerkenswert an dem kirchlichen Umgang mit deutschem Kulturgut ist überdies, daß ein Bewahrungsort für die Paramente in Danziger Marienkirche nicht vorhanden ist, sondern erst geschaffen werden muß. Auch wenn die EKD Eigentümerin des Kirchengutes der 1944/45 untergegangenen evangelischen Gemeinden ist, so bewahrt sie dieses Eigentum nur treuhänderisch. Bei einer Schenkung oder Veräußerung ist das entsprechende Einverständnis der einstigen Gemeindemitglieder einzuholen. Dieses Einverständnis wurde der EKD zu keinem Zeitpunkt von den einstigen evangelischen Gläubigen der Marienkirche zu Danzig erteilt; sie handelt auch in diesem Fall verantwortungslos. Freunde des Danziger Paramentenschatzes setzen sich für seinen Verbleib im Lübecker St. Annen-Museum ein. Sie haben eine offene Petition an die EKD unter dem Link
https://www.openpetition.de/petition/online/verbleib-des-1944-geretteten-danziger-paramentenschatzes-im- luebecker-st-annen-museum
initiiert.
Eine vollständige Dokumentation zu den Danziger Paramenten ist auf der Website
https://www.ostdeutsche-museen.de
unter Paramente Marienkirche wiedergegeben.
Unterstützen Sie diese Initiative mit Ihrer Unterschrift!
Reinhard M. W. Hanke, Berlin / Hans-Jürgen Kämpfert, Lübeck / Dr. Jürgen Martens, Königswinter
Landsmannschaft Westpreußen e.V. Berlin
www.westpreussen-berlin.de, danzig.westpreussen.berlin@gmail.com
Brandenburgische Straße 24 Steglitz, 12267 Berlin, Ruf: 030-257 97 533
Abbildung aus: B. Borkopp-Restle, Der Schatz der Marienkirche zu Danzig, S. 103
Brandenburgische Straße 24 Steglitz, 12267 Berlin, Ruf: 030-257 97 533
Abbildung aus: B. Borkopp-Restle, Der Schatz der Marienkirche zu Danzig, S. 103
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Markus Patzke schreibt im DOD - Deutscher Ostdienst 1/2023 in seinem Beitrag Tatsächlich Ausdruck deutsch-polnischer Freundschaft? “Danziger Paramente” soll von Lübeck nach Danzig zurückgebracht werden u. a:.
...Die Paramente waren Geschenke deutscher Danziger Patrizierfamilien an ihre zunächst katholische, später evangelische Gemeinde. Der Rechtsnachfolger der Gemeinde hat seinen Sitz nicht in Danzig, sondern in Hannover. Niemand wird also etwa zurückgeben, es handelt sich nicht um Raub- oder Beutekunst, sondern um das Eigentum einer evangelischen Pfarrgemeinde und damit der vertriebenen Mitglieder dieser Gemeinde. Insofern handelt es sich nicht um eine Restitution. Es waren im wahrstem Sinne die Berechtigten, die diese Kulturgüter durch Mitnahme in den Westen vor der Gefahr der Zerstörung bewahrten. Die Paramente gehören zu den Menschen, die Evangelische Kirche der Union hat sie - nicht juristisch, wohl aber moralisch - “zu treuen Händen” übernommen. Wenn dieses Treueverhältnis jetzt derart mißbraucht wird, ist das für die vertriebenen Danziger und ihre Nachkommen - letztere werden nur allzu häufig vergessen - ein harter Schlag, der ihnen durch ihre Kirche versetzt wird...
Der vollständige Beitrag kann unter folgendem Link “Tatsächlich Ausdruck deutsch-polnischer Freundschaft?” eingesehen werden.
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[Anschreiben vom 18. Oktober 2018 - Jürgen Martens]
Sehr geehrter Herr Bischof Bedford-Strohm,
zwischen dem 5. bis 7. Oktober 2018 veranstalteten das Kulturwerk Danzig und die Danziger Naturforschende Gesellschaft ihr XXXIX. Forum Gedanum in Lübeck. Ein wichtiger Themenkomplex waren die Paramente aus der Danziger Marienkirche.
Große Teile der Danziger Paramente rettete der letzte evangelische Pfarrer an der Marienkirche zu Danzig, Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard M. Gülzow, nach Lübeck. Die Paramente befanden sich seit ihrer Überführung nach Lübeck im Eigentum der UEK, heute im Eigentum der EKD. Der Öffentlichkeit waren die Paramente zunächst ab 1964 in der Lübecker Marienkirche zugänglich, allerdings ohne den für diese außerordentlich wertvollen Textilien notwendigen Schutz. Wohl über einen unbefristeten, jederzeit kündbaren Übereignungs- und Leihvertrag mit der Hansestadt Lübeck wurden die Paramente später in das Lübecker St. Annen-Museum überführt. In einer modernsten Ansprüchen genügenden Klimakammer war der Paramentenschatz aus Danzig für Museumsbesucher zugänglich. Das war bis etwa 2000 möglich; seither ist der Ort, an dem die Klimakammer sich befand, eine Baustelle, und die Paramente sind der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Das steht übrigens im Widerspruch zur Internetangabe des Museums, wonach zu den Highlights der Sammlung […] der einzigartige Passionsaltar von Hans Memling und der Danziger Paramentenschatz [Hervorhebung J. M.] gehören. Einigen Mitgliedern des Kulturwerks Danzig wurde es vor einiger Zeit seitens des St. Annen-Museums ermöglicht, Zugang zu dem Paramentenschatz zu erhalten. Allerdings wurden ihnen nur zwei Caseln gezeigt, der restliche Teil der Sammlung bedauerlicherweise nicht. Meine Fragen an Sie als Ratsvorsitzenden der EKD, der Eigentümerin des Danziger Paramentenschatzes, lauten:
- Befindet sich der Paramentenschatz aus Danzig noch im Bestand des St. Annen-Museums, oder ist er – ohne die Öffentlichkeit zu informieren – inzwischen an Polen übergeben worden? (Meine entsprechenden Fragen während des XXXIX. Forum Gedanum blieben unbeantwortet.)
- Wenn, wie ich hoffe, die Paramente sich noch in Lübeck befinden, frage ich Sie, was die EKD unternimmt, um den Kirchenschatz mit Danziger Herkunft der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen? Es ist dem Liebhaber sakraler Kunst nicht zu vermitteln, daß die Danziger Paramente seit nunmehr fast 20 Jahren nicht mehr gezeigt werden, obwohl das Museum über eine modernsten Ansprüchen genügende Präsentationsmöglichkeit (Klimakammer mit elek-tronischer Beleuchtungssteuerung) verfügt. Diese bedeutende mittelalterliche Sakralkunstsammlung aus dem Kulturraum des historischen deutschen Ostens (an dieser Stelle ist an den Staat des Deutschen Ordens in Preußen zu erinnern, aus dessen Zeit die ältesten Stücke der Sammlung stammen) nur im Museumsmagazin zu verwahren, kann und darf nicht die Lösung sein.
- Welche vertraglichen Vereinbarungen bestehen zwischen dem Eigentümer und dem Leihnehmer, um letzteren (also Lübeck und dessen St. Annen-Museum) zu veranlassen, möglichst kurzfristig den Paramentenschatz aus Danzig wieder öffentlich zu präsentieren? Sollte das nicht möglich sein, wäre dann nicht zu überlegen, diesen Sakralschatz beispielsweise dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg leihweise zu überlassen? Wenigstens könnte dieser Ansatz ein Druckmittel gegenüber der Hansestadt Lübeck darstellen.
Für eine Beantwortung meiner Fragen wäre ich Ihnen sehr verbunden.
Mein Schreiben geht in Kopie an das Kulturwerk Danzig, die Danziger Naturforschende Gesellschaft und an die Landsmannschaft Westpreußen e. V. – Landesgruppe Berlin.
Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. Jürgen Martens
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[Anschreiben vom 12. November 2018 - Jürgen Martens]
Sehr geehrter Herr Dr. Philipps,
haben Sie herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 6. November d. J. Es wurde nicht nur von mir, sondern auch von meinen Danziger Freunden mit Genugtuung aufgenommen. Das gilt vor allem für Ihre Hinweise auf eine Wiederpräsentation des Danziger Paramentenschatzes im Lübecker Sankt-Annen-Museum ab dem 18. Januar 2019 verbunden mit einem Katalog. Ein „Wermutstropfen“ in Ihrem Schreiben bleibt, wenn Sie festhalten, daß eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen […] nicht vorgesehen sei. Eine eindeutigere Formulierung wäre wünschenswert in dem Sinne gewesen, daß die UEK als Eigentümerin der Paramente eine Rückführung vollkommen ausschließt. Ich möchte Sie sehr herzlich bitten, dieses Ansinnen Herrn Bischof Bedford-Strohm nahezubringen. Grundsätzlich habe ich bei Rückführungsfragen deutschen Kulturgutes immer das ungute Gefühl, daß wir Deutsche zu viel des Guten tun. Erinnern möchte ich an die Rückgabe der katholischen Kirchenbücher aus Westpreußen an die polnische Kirche. Sie waren im Zentralarchiv der katholischen Kirche in Regensburg ohne Frage gut und sicher verwahrt. Zusagen, die der Vatikan gegenüber Kardinal Lehmann damals im Zusammenhang mit der Rückgabe gab, wurden überdies nicht eingehalten. Erinnern möchte ich auch an die unverständliche Rückgabe der Bibliothek der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig seitens des Landes Bremen mit der Begründung, es handele sich ohnehin um polnische Literatur, die man hier nicht lesen könne. Diese Begründung wurde ohne Sachkenntnis gegeben, denn es handelte sich in der Tat um ältere deutschsprachige wissenschaftliche Literatur.
Nochmals Dank für Ihr Antwortschreiben und mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Jürgen Martens
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[Anschreiben vom 27.12.2022 - Jürgen Martens]
Sehr geehrte Frau Präses Kurschus,
am 14. Dezember 2022 erschien in den Lübecker Nachrichten eine Kurznotiz des Inhalts, die EKD beabsichtige, den im Eigentum der EKD (früher der UEK) befindlichen und im Lübecker St. Annen-Museum wohlbehüteten Paramentenschatz aus der Danziger Marienkirche dorthin zurückzugeben. Mich befiel ungläubiges Staunen, ich wollte nicht begreifen, daß die evangelische Kirche derart leichtfertig und unbesonnen handeln würde. Als ich dann in der Pressemitteilung der EKD vom 09.12.2022 las, daß in Ihrem Kirchenamt am 08.12. eine Absichtserklärung über die Rückführung von aus der Marienkirche Gdansk stammenden spätmittelalterlichen liturgischen Textilien nach Gdansk unterzeichnet wurde, machte mich die Lektüre fassungslos; ich war entsetzt und wütend über das Verhalten der Oberen meiner evangelischen Kirche, deren Mitglied ich seit 83 Jahren bin. Als Konsequenz stellt sich mir die Frage, ob ich es noch mit meinem Gewissen vereinbaren kann, dieser Kirche anzugehören. In der Pressemitteilung findet sich kein Hinweis darauf, daß es Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow unter Lebensgefahr mit einigen ihm vertrauten Gemeindemitgliedern seiner evangelischen Gemeinde der Marienkirche zu Danzig Ende 1944 gelungen war, die unvorstellbar wertvollen Paramente seiner Kirche vor der drohenden Vernichtung durch die herannahende Rote Armee zu bewahren. In absoluter Verkennung der historischen Situation spricht Ihre Pressemitteilung nur von Gdansk oder dem Paramentenschatz der Marienkirche Gdansk. Den deutschen Namen Danzig der einstigen deutschen Metropole an der Ostsee verwenden Sie geflissentlich nicht. Ist es diese Art von Anbiederung, die Sie mit Ihrem Amt als Beauftragte der EKD mit der polnischen Kirche verbinden? Was ist im übrigen damit gemeint? Schließen Sie damit auch die Obhut für die evangelischen Christen augsburgischer Konfession in Polen ein? Bei meinen zahlreichen Besuchen etwa im masurischen Lötzen habe ich nichts davon spüren können, daß die offizielle Spitze der EKD sich um diese Christenmenschen je gekümmert hätte. Wenn ich in der Pressemitteilung zur Kenntnis nehme, die liturgischen Gewänder seien von Mitgliedern der damals evangelischen Marienkirchengemeinde […] auf die Flucht mitgenommen worden und zu großen Teilen nach Westdeutschland gelangt, bin ich wiederum fassungslos über die hier offenbar werdende Ignoranz. Darf ich den Ausdruck mitgenommen so interpretieren, als sei damit ein Unrechtsakt verbunden, den es nunmehr mit der Unterzeichnung der Absichtserklärung zu heilen gelte? Die Behauptung schließlich, der Paramentenschatz sei zu großen Teilen nach Westdeutschland gelangt, ist schlichtweg falsch. Der größte Teil des Schatzes (183 Teile) verblieben in Thüringen – die DDR-Führung hat sie seinerzeit an Polen überstellt –, 106 Teilstücke konnte Dr. Gülzow in seinem Pfarrhaus an der Lübecker Lutherkirche wieder vereinen. Zu weiteren Einzelheiten verweise ich auf meine beigefügte Eingabe an Herrn Bischof Bedford-Strom vom 18. Oktober 2018, ebenso auf den informativen Beitrag von Albrecht Philipps Zur Geschichte des Danziger Paramentenschatzes seit 1944 (in: Birgitt Borkopp-Restle, Der Schatz der Marienkirche zu Danzig. Liturgische Gewänder und textile Objekte aus dem späten Mittelalter, Affalterbach 2019, pp. 22-24).
Am 5. – 7. Oktober 2018 veranstalteten das Kulturwerk Danzig und die Danziger Naturforschende Gesellschaft in Lübeck eine Tagung, die ganz wesentlich dem Thema Paramentenschatz der Danziger Marienkirche gewidmet war. Zuvor hatte ich beobachtet, daß der Paramentenschatz aus Danzig nicht mehr im Lübecker St. Annen-Museum gezeigt wurde. Die auf der Tagung offenbleibende Frage, was mit dem Paramentenschatz geschehen sei bzw. geschehen werde, veranlaßten mich zu meiner Anfrage bei Herrn Bischof Bedford-Strom vom 18. Oktober 2018. In der Antwort, die Herr OKR Dr. Albrecht Philipps mir am 6. November 2018 erteilte, hieß es lapidar, eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen sei nicht vorgesehen. Diese Formulierung schloß allerdings eine spätere Rückführung nicht konsequent aus. Das habe ich Herrn Philipps in meiner Replik vom 12.11.2018 mitgeteilt (s. beigefügte Anlage). Das St. Annen-Museum mit seiner kenntnisreichen Direktorin Dr. Dagmar Täube organisierte ab 19. Januar 2019 eine sehenswerte Ausstellung mit ausgesuchten wunderschönen Beispielen aus dem Danziger Paramentenschatz. Sollen nunmehr alle Mühen der Involvierten wie auch die hohen finanziellen Mittel vergeblich gewesen sein? Ich vermag das gedanklich nicht zu realisieren. Zudem empfinde ich es als Vertrauensbruch, wenn mir Ihr Vorgänger im Amt mitteilen läßt, eine Rückgabe sei nicht beabsichtigt, und fünf Jahre später ist diese Aussage nur noch Makulatur.
Nachstehend gebe ich Ihnen den Inhalt des Kulturparagraphen 96 aus dem Bundesvertriebenengesetz zur Kenntnis. In meiner gesamten beruflichen und wissenschaftlichen Tätigkeit habe ich mich ihm verpflichtet gefühlt:
Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG)
§ 96 Pflege des Kulturgutes der Vertriebenen und Flüchtlinge und Förderung der wissenschaftlichen Forschung
Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern. Sie haben Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern. Die Bundesregierung berichtet jährlich dem Bundestag über das von ihr Veranlasste.
Nimmt man die Verpflichtung, die sich aus diesem Gesetz auch für die EKD ergibt, ernst, dann begeht die offizielle Kirche mit dem Plan einer Rückführung m. E. einen Verfassungsbruch, der sich aus Art. 14, 2 GG ableiten läßt. Der Wortlaut der Verfassung lautet: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Die Rücküberstellung der in Lübeck bewahrten Danziger Paramententeile nach Polen dient keineswegs dem Wohle der evangelischen Danziger Christen noch dem der deutschen Bevölkerung insgesamt. Ein ganz persönliches Wort an Sie - ich möchte es auch als Neujahrswunsch an meine evangelische Kirche verstanden wissen: Bitte üben Sie als offizielle Kirche die Ihnen obliegenden seelsorgerischen Aufgaben viel ernsthafter aus, als es bisher in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, und vermeiden Sie – wo es sich umgehen läßt – ein politisches Agieren. Sonst, fürchte ich, wird es eine machtvolle evangelische Kirche in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Ich fordere Sie auf, die Absichtserklärung vom 8. Dezember 2022 nicht zu realisieren. Vielmehr sollten Sie nach einer einvernehmlichen Lösung mit Ihren polnischen Mitunterzeichnern suchen, die die deutsche Interessenlage und deutsche Befindlichkeiten im Auge hat.
Abdrucke dieses Briefes gehen u. a. an Herrn OStD Hans-Jürgen Kämpfert, an das Präsidium des BDV, an Museumsdirektorin Dr. Dagmar Täube und an Reinhard Hanke, Sachwalter der Westpreußen in Berlin.
Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. Jürgen Martens
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Email-Anschreiben Prof. Dr. G. Gornig an EKD vom 12.01.2023
uek@ekd.de
Betreff: liturgische Gewänder
Sehr geehrte Damen und Herren,
aus der Presse habe ich erfahren, dass etwa 100 mit feinsten Stickereien verzierte liturgische Gewänder von Lübeck nach Danzig zurückkehren sollen. Darauf hätten sich laut der Kulturstiftung der Hansestadt Lübeck die Union Evangelischer Kirchen in der EKD und die Marienkirche Danzig geeinigt. Es handelt sich um kostbare Paramente, die um 1945 größtenteils von Flüchtlingen unter Lebensgefahr aus Danzig in den Westen gebracht und in Lübeck gesammelt und aufbewahrt wurden. Es werden also Kulturgüter nicht beim Volk belassen, zu dem es gehört, sondern dem Boden zurückgegeben, auf dem nun ein anderes Volk lebt. Die Bundesregierung hat eben nach Nigeria Kulturgut aus Benin zurückgegeben, da dieses zum Volk gehört (obwohl Nigeria die Statuen wohl bald wieder verkaufen wird). S i e gehen den entgegengesetzten Weg. Wir kommen ja gerne den Forderungen nach zum Schaden unseres eigenen Staates und unseres Volkes, wenn wir nur damit Forderungen anderer nachkommen können. Das wird weiter gehen und bald wird Polen zum Land auch noch alles bewegliche Gut fordern, das sich ehemals in diesem Land befand und weiter ohne einen Anspruch zu haben, Reparationsforderungen erheben. Polen hält ferner deutsches Kulturgut zurück, das in seine Hände gefallen ist, obwohl es im Völkerrecht keine restitution in kind gibt, also Anspruch auf Ersatz durch fremdes Kulturgut als Entschädigung. Kultur gehört zum Volk und nicht zum Boden, das sagt schon der gesunde Menschenverstand! Mir ist auch bekannt, dass in Lübeck vor etwa drei Jahren ein besonders schöner Remter des St. Annen-Museums als "Paramentenkammer" eingerichtet worden ist; er wäre nun überflüssig. Mir ist ein solches Verhalten rätselhaft und wieder einmal Ausdruck typisch deutschen Verhaltens, über das in Polen nur gelächelt, wenn nicht gelacht wird. "Du hast die deutschen an der Gurgel oder sie küssen dir die Füße". Sie machen letzteres zum Schaden unseres Volkes.
Mit freundlichen Grüßen und Ausdruck völligen Unverständnisses Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Gilbert Gornig
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[Schreiben OKR Dr. Martin Evang vom 24.01.2023]
Das Original des Schreibens: bitte hier anklicken evang_martens_240123
Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland
Amtsbereich der UEK im Kirchenamt der EKD Postfach 21 02 20 30402 Hannover
24.01.2023
Herrn Dr. Jürgen Martens Am Härenberg 14 53639 Königswinter
Danziger Paramentenschatz
Sehr geehrter Herr Dr. Martens,
nach der am 8. Dezember 2022 erfolgten Unterzeichnung des Letter of Intent zur Übertragung der Eigentumsrechte an den derzeit in Lübeck und Nürnberg aufbewahrten Stücken des Danziger Paramentenschatzes an die Marienkirche Danzig und ihre Rückkehr dorthin haben uns in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und in der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) einige Schreiben erreicht, in denen dieses Vorhaben kritisch kommentiert oder gar missbilligt wird. Ich möchte versuchen, das Vorhaben in seinen größeren Zusammenhängen verständlich zu machen. Die UEK ist Rechtsnachfolgerin der ehemaligen, mit Ende des 2. Weltkriegs untergegangenen, zur Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union gehörenden deutschen evangelischen Kirchengemeinden im heutigen Polen. Als solche ist die UEK Eigentümerin einer Vielzahl von kirchlichen Gegenständen, die bis zum Ende des 2. Weltkriegs, zumeist auf derFlucht durch Mitglieder dieser Gemeinden, nach Westen mitgenommen wurden, um sie vor Verlust oder Zerstörung zu bewahren. Diese Objekte sind schon zu Zeiten der früheren EKU – heute UEK – sorgfältig erfasst und in regulären Verfahren ausgeliehen worden. Für die Feier des Gottesdienstes bestimmte Gegenstände sind zumeist an Kirchengemeinden in ganz Deutschland ausgeliehen und dort weiter in gottesdienstlichemGebrauch. Andere Gegenstände sind an Museen ausgeliehen worden, indenen sie sachgerecht aufbewahrt und ausgestellt werden können. Ein herausragendes Beispiel für beide Umgangsweisen ist der Dreifaltigkeitsaltar der Georgsbruderschaft aus der Marienkirche Danzig, dessen Retabel und Predella in den Kriegsjahren nach Berlin gelangt waren. Über Jahrzehnte war die Predella an die St. Johanniskirche Berlin-Moabit, das Retabel an die Gemäldegalerie Berlin ausgeliehen. Dieser Altar ist im Jahre 2020 in die Marienkirche Danzig, seinen angestammten Ort, zurückgekehrt. Auf Initiative der UEK und vorbereitet durch hochrangige persönlichen Begegnungen zwischen Vertretern unserer Kirchen hatten die UEK und die Marienkirche Danzig in Verbindung mit dem Bistum Danzig einen Schenkungsvertrag geschlossen. Anlässlich der zweisprachigen ökumenischen Vesper zur Rückkehr des Altars, die pandemiebedingt erst verspätet in der Marienkirche Danzig stattfinden konnte, und eines damit zeitlich verbundenen öffentlichen Symposiums zu Fragen der Kulturgüterrückführung zwischen Polen und Deutschland im Juni 2022 in Danzig wurde – wiederum auf Initiative der UEK – in Aussicht genommen, einen Letter of Intent aufzusetzen, in dem die künftige Rückkehr der im Eigentum der UEK befindlichen Stücke des Danziger Paramentenschatzes an ihren historischen Ort, die Marienkirche Danzig, vereinbart werden sollte. Dieser Letter of Intent wurde in intensiven Gesprächen nicht nur zwischen der UEK und der Marienkirche Danzig sowie dem Bistum Danzig-Oliwa, sondern auch mit dem St. Annen-Museum Lübeck und dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vorbereitet und ausgearbeitet. Der Letter of Intent über die Rückkehr des Danziger Paramentenschatzes nach Gdańsk ist am 8. Dezember 2022 in Hannover unterzeichnet worden, für die UEK von dem Vorsitzenden der Vollkonferenz und des Präsidiums, Kirchenpräsident Dr. Dr. h.c. Jung, und der Leiterin des Amtsbereichs der UEK im Kirchensamt der EKD, Bischöfin Bosse-Huber, für die Marienkirche Danzig von Prälat Bradtke und für das Bistum Danzig von Bischof Wojda. Er dokumentiert die beiderseitige Absicht, (1) dass die im Eigentum der UEK befindlichen Stücke des Danziger Paramentenschatzes in absehbarerZeit durch einen Schenkungsvertrag in das Eigentum der Marienkirche Danzig übertragen werden und dorthin zurückkehren sollen, (2) dass die Marienkirche Danzig Voraussetzungen für eine konservatorisch sachgerechte Aufbewahrung und Ausstellung der Paramente schafft, (3) dass in Lübeck und ggfs. auch in Nürnberg auch künftig einzelne Paramente des Danziger Paramentenschatzes ausgestellt werden und (4) dass ein Fachbeirat, in dem beide Seiten vertreten sind, die Umsetzung des Vorhabens begleitet. Der Letter of Intent schließt mit den Worten: „Die UEK und die Marienkirche Gdańsk betrachten die erfolgte Rückkehr des Dreifaltigkeitsaltars und die beabsichtigte Rückkehr der Paramente zur Marienkirche Gdańsk und ebenso die dauerhafte Präsenz einzelner Danziger Paramente in Lübeck (und Nürnberg) als Ausdruck ökumenischer Verbundenheit zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, als Ausdruck der Versöhnung zwischen Deutschland und Polen und als Ausdruck der besonderen Verbundenheit der Städte Lübeck und Gdańsk.“ Ich darf hinzufügen, dass wir mit der Direktorin des St. Annen-Museums, Frau Dr. Täube, sowie mit dem ehemaligen und dem jetzigen Leiter der Lübecker Museen, den Herren Professor Wisskirchen und Dr. von Stockhausen, in engem und einvernehmlichem Austausch standen und stehen. Die dauerhafte Ausstellung von einzelnen Danziger Paramenten in Lübeck wahrt den jetzigen Status. Sie soll dazu beitragen, die Erinnerung an die entsagungsvolle Rettung der Danziger Paramente durch Mitglieder der evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig zu bewahren und die zwischen Lübeck und Danzig bestehende kulturelle Brücke zu stärken. Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen das Vorhaben näher erläutern konnte, und bitte Sie herzlich, es verständnisvoll zu respektieren. Dieses Schreiben ist mit der Ratsvorsitzenden der EKD, Präses Dr. h. c. Kurschus, dem Vorsitzenden von Vollkonferenz und Präsidium der UEK, Kirchenpräsident Dr. Dr. h. c. Jung, und der Leiterin des Amtsbereichs der UEK im Kirchenamt der EKD, Bischöfin Bosse-Huber, abgestimmt.
Mit freundlichen Grüßen - im Auftrag – [Unterschrift] Dr. Martin Evang
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[Email-Anschreiben Manfred Lietzow vom 25.01.2023]
Email von Manfred Lietzow an Dr. Martin Evang, EKD, vom 25.01.2023
Gesendet: Mittwoch, 25. Januar 2023 um 18:18 Uhr Von: "Manfred Lietzow" Manfred_Lietzow@gmx.de An: "Evang, Martin" <Martin.Evang@ekd.de>
Betreff: Aw: Danziger Paramentenschatz
Sehr geehrter Herr Dr. Evang,
vielen Dank für die Zusendung der recht umfangreichen Stellungnahme der UEK zur Übergabe der "Danziger Paramente" an Polen. Es ist sicher richtig, im Rahmen christlicher Versöhnung in einem guten Verhältnis auch mit unserem stets schwierigen Nachbarn Polen zu leben, jedoch kann es nicht sein, dass Millionenwerte deutschen Kulturgutes, wie die "Danziger Paramente" ohne Gegenleistung an einen Staat zu geben, der sich bis heute weigert, seine Beutekunstan Deutschland zurückzugeben. Wenn immer von "Rückgabe" der "Danziger Paramente" bei der UEK gesprochen wird, ist dies ein falscher Begriff; denn ich kann nicht zurück-geben, was mir, in diesem Fall der Ev. Kirche in Deutschland, gehört! Ich möchte dabei an die "Berlinka" (Berliner Sammlung) erinnern, die sich immer noch in Krakau in der Jagiellonischen Bibliothek befindet. Gegen Endes des II. Weltkrieges wurden die Bestände des Preußischen Staatsarchivs zum Schutz vor Bombenschäden in das Benediktiner-Kloster Grüssau/Niederschlesien sowie Schloss Fürstenstein ausgelagert und nach der Besetzung durch die Sowjets und Polen über Breslau nach Krakau verschickt. Darunter befinden sich 300.000 Bände aus wertvollen mittelalterlichen Handschriften, Autographen von Luther und Goethe, Schillers Doktorarbeit, allein 9000 Briefe aus der Sammlung Varnhagen von Ense. Hinzu kommt eine umfangreiche Musikaliensammlung mit Originalpartituren von Bach, Beethoven und Mozart. Auch eine Handschrift des Deutschlandliedes aus dem Nachlass Hoffmann v. Fallersleben befindet sich dort! Bis heute verweigert Polen die Herausgabe dieser Beutestücke. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907, die noch heute als gültiges Völkerrecht ist und eine Wegnahme von Kulturgütern verbietet. Also mit welchem Recht verschenkt die UEK kirchliches deutsches Kulturgut, die "Danziger Paramente", an Polen ohne vorherige Verhandlungen über die Rückgabe der Beutekunst? Das kann nicht in unserem nationalen Interesse liegen und zeigt nur die Geschichtslosigkeit und mangelnden historischen Kenntnisse über die deutschen Ostgebiete als Ausdruck des heutigen Zeitgeistes. Die Generation der Flüchtlinge, Vertriebenen und Zeitzeugen wird leider immer weniger und die heutige Generation, besonders der von Grünen dominierten EKD, sind nur sehr einseitig von deutscher Schuld und vorauseilendem Gehorsam geprägt! Was würde wohl der letzte Marienpastor von Danzig, Pastor Dr. Gülzow, dazu sagen, würde er noch leben und hören, wie seine unter großen Mühen nach Lübeck gerettete Restsammlung von 108 Danziger Paramenten an Polen verschenkt werden. Er würde sicher weinen und seine eigene Ev. Kirche nicht mehr verstehen! Was nützt es, wenn einige Paramente im Lübecker St. Annen-Museum als "Leihgabe" verbleiben, obwohl sie deutsches Kirchengut sind. Als gebürtiger Lübecker und Sohn eines in der Danziger Niederung geborenen Vaters werden Sie sicher verstehen können, dass ich neben vielen Danziger Flüchtlingen für die Auslieferung der Danziger Paramente an Polen kein Verständnis habe und schwer enttäuscht bin von der Entscheidung der UEK/EKD! Den Landsmannschaften erweisen Sie einen Bärendienst mit der Paramenten-Verschenkung und glauben Sie mir bitte, sie werden weiter für den Verbeib in Deutschland kämpfen!
Mit christlichen preußischen u. hanseatischen Grüßen Manfred Lietzow Landes-OMV S-H Ehrenvors. u. Kreis-OMV OH Vorsitzende
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[Schreiben von H.-J. Kämpfert an OKR Dr. Evang, UEK]
Stockelsdorf, den 2. 2.2023
An die Union Evangelischer Kirchen Hannover
Sehr geehrter Herr Dr. Evang!
Für Ihren ausführlichen Bericht über die Initiativen der EKD bei der Verschenkung wertvollsten ostdeutschen Kulturgutes an Polen, und zwar wertvoll in kultureller und ökonomischer Hinsicht, bedanke ich mich. Ich habe ihn aufmerksam gelesen. Doch werden Sie schon an meinem ersten Satz gemerkt haben, dass meine Einstellung damit nicht getroffen ist.
Haben Sie denn gar nicht mit den Betroffenen gesprochen? Haben Sie denn gar nicht mit den Vertriebenen gesprochen? Auch nicht mit den Danzigern, die sich Jahrzehnte lang für den Erhalt der Paramente als herausragendes Beispiel ostdeutschen Kulturgutes eingesetzt haben? Haben Sie auch keinen Kontakt mit staatlichen Stellen gesucht?
Auf die Aufzählung von Kulturgütern, die gegenseitig nicht zurückgegeben wurden, will ich mich hier nicht einlassen, sie sind größtenteis bekannt. Aber die Anmerkung, dass die millionenschwere Verschenkung ein Ausdruck gegenseitiger ökumenischer Verbundenheit sei, ist doch wenig oder gar nicht überzeugend. Die deutschen und die polnischen Menschen brauchen ein solches Zeichen gar nicht mehr, sie leben doch diese Verbundenheit. Die polnische Politik aber werden Sie damit nicht überzeugen können, denn sie fordert eine billionenschwere Entschädigung, so als ob es eine Vertreibung mit all ihren überaus bitteren Folgen gar nicht gegeben hätte. Und dass die dauerhafte Ausstellung in Lübeck den jetzigen Status wahrt, können Sie doch selber kaum glauben, wenn Sie die Eigentumsverhältnisse berücksichtigen. Gewundert habe ich mich auch darüber, dass Sie mein kurzes Schreiben an Frau Dr. Täube offenbar kennen. Da mir nicht klar ist, ob Sie mein Schreiben an die UEK überhaupt haben zur Kenntnis nehmen können, erlaube ich mir, es hier noch einmal anzuhängen. Aber all' diese Einzelfragen sind nicht mein Hauptanliegen, es geht doch um Entscheidenderes, es geht doch um eine Identitätsfrage der ostdeutchen Vertriebenen und wie mit ihren wenigen materiellen Erinnerungen umgegangen wird. Ich hoffe, Sie und die Beteiligten an diesem "Deal" noch zu einem neuerlichen Nachdenken über diese Schenkung bewegen zu können, vielleicht sogar über ein gemeinsames Nachdenken über eine bessere Lösung. Ich fände es besser, wenn sich die evangelischen Gläubigen nicht über ihre Kirche grämen oder gar schämen müßten.
Mit freundlichen Grüßen Ihr Hans-Jürgen Kämpfert
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[Anlage zum Schreiben Kämpfert vom 02.02.2023]
Über die Paramente aus der St. Marienkirche zu Danzig
Die Oberpfarrkirche von St. Marien zu Danzig, deren Grundstein im Jahre 1343 gelegt worden war, besaß zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen derart reichhaltigen und kostbaren Paramentenschatz, wie kaum eine andere Kirche in Deutschland. Das mag darin begründet sein, dass Danzig damals zu den größten und reichsten Städten Europas gehörte mit Handelsbeziehungen, die über Europa hinaus reichten. An St. Marien in Danzig, 1945 die fünftgrößte Kirche der Welt, wirkten um 1500 123 Pfarrer und Kapläne am Hochaltar und an den 46 Altären der Patrizierfamilien, Bruderschaften und Zünfte. Zu deren liturgischem Altardienst gehörten die Paramente: Priestergewänder (Chormantel, Kasel, Dalmatika, Stola, Cingulum, Sudarium usw.), aber auch Altarbekleidungen und Silbergeräte. Durch die Kreuzzüge und die weitreichenden Danziger wirtschaftlichen und politischen Verbindungen gelangten wertvollste Gewebe, Brokate und Seidenstoffe, aus dem Vorderen Orient, aus Venedig und Lucca, und Stickereien aus Deutschland und England nach Danzig, wo sie – meist - von den Patriziern gestiftet, für die Verwendung im Gottesdienst hergerichtet und geweiht wurden. Als Danzig im Jahre 1557 nach langen Bemühungen die Religionsfreiheit zur Ausübung der evangelischen Religion erreicht hatte, wurden die für die römische Messe nötigen Gewänder und Silbergeräte immer weniger verwendet und mit der Zeit überflüssig. Um sie vor Dieben und Plünderungen vor allem während der Glaubenskämpfe und kriegerischen Auseinandersetzungen zu schützen, haben weitsichtige Gemeindemitglieder sie in Altären und Schränken versteckt und in Wandnischen und Seitenkapellen eingemauert. Schon 1552 hatte der Frauenburger Domherr Martin Cromer auf 23 Folioseiten ein Inventar der damaligen Paramente und Silbergeräte angelegt, und 1569 hatte der Protonotar Melchisedek Laubendorn ausgewählte Stücke ausführlich beschrieben. Danach gerieten sie über Jahrhunderte in Vergessenheit. Die Oberpfarrkirche St. Marien zu Danzig wurde zur größten evangelischen Kirche der Welt.
Erst ab 1791 und bis 1937 wurden durch Zufall, bei Bauarbeiten und durch systematisches Suchen des Küsters A. Hinz (zwischen 1861 und 1864) die wertvollen verborgenen Schätze wiederentdeckt. Die Wertschätzung dieser wohl einmaligen Kunstschätze von etwa 1000 Stücken kann zu dieser Zeit nicht groß gewesen sein: Zahlreiche Stücke wurden an Privatsammler verkauft, das Berliner Kunstgewerbemuseum erhielt 1875 aus Danzig 250 Stücke und später noch einige, auch das Germanische National-Museum in Nürnberg besitzt einige Stücke in seiner Gewebesammlung, andere gingen nach Krefeld, Brandenburg, Halberstdt, Brüssel, Wien, London und Stralsund. Der rheinische Kanonikus Franz Bock hat die Danziger Bestände zwar wissenschaftlich bekannt gemacht, entnahm ihnen aber auch Gewänder und einzelne Teile von Geweben und Stickereien zur Vervollständigung seiner eigenen Sammlung. In Danzig wurde er deshalb als „Scheren-Bock“ bezeichnet, manche dieser Fragmente wurden später an das „Viktoria-and-Albert-Museum“ nach London verkauft, wo sie noch heute zu sehen sein sollen. Der „ausgeschnittene“ Chormantel aus chinesischem Seidenbrokat aus dem 14. Jahrhundert befindet sich heute noch in der Lübecker Sammlung. Erst ein Gutachten des Generalkonservators der Kunstdenkmäler des preußischen Staates, Ferdinand von Quast, aus dem Jahre 1873 konnte den Ausverkauf der Paramente verhindern. Eine erste Beschreibung lieferte der Küster A. Hinz 1870 in zwei Bänden. Im Jahre 1929 wurde dann eine Gesamtausstellung der Paramente im Danziger Stadtmuseum in der Fleischergasse gezeigt, die aber nicht mehr alle der von Hinz erwähnten Teile enthielt. Prof. Dr. Mannowsky, Direktor des Danziger Stadtmuseums, hat 1938 in seinem unten genannten Werk 541 Einzelstücke beschrieben. Sie wurden in der Schatzkammer von St. Marien, der Barbarakapelle, der südwestlichsten Seitenkapelle im südlichen Querschiff, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ab 1937 wurden die wichtigsten Stücke im Danziger Stadtmuseum gezeigt. Als Ende 1944 die Kriegshandlungen des Zweiten Weltkrieges näher an Danzig heranrückten, machte man sich Sorgen über den Erhalt dieser einmaligen, kostbaren Schätze. Der Pfarrer von St. Marien, Oberkonsistorialrat D. Gerhard Gülzow (*1904 in Liepgarten/Ueckermünde, +1980 in Lübeck), schreibt, dass gemeinsam mit der Gemeinde und den Kirchenältesten, die auch Denkmalpfleger waren (Prof. W. Drost und Oberbaurat E. Volmar), eine Auslagerung nach Thüringen und Bayern erfolgte. In einem Brief aus dem Jahre 1993 schreibt Prof. Dr. Pieper, der sich „als Freund des verstorbenen Pastors Gülzow“ bezeichnet: „Als diese Gemeinde vor der anrückenden russischen Armee flüchtete, hat ihr Leiter, Pastor Gülzow, den vertrauenswürdigsten Familien je eines der wertvollen alten Paramente mitgegeben und einen Rest selbst mitgenommen. Pastor Gülzow hat in der Lübecker Schwesterkirche Aufnahme gefunden, er wurde Pastor an der Luther-Kirche. Von dort aus hat er Verbindung zu seinen verstreuten Gemeindemitgliedern aufgenommen und die Paramente wieder eingesammelt. Erstaunlicher Weise sind auf dem langen Fluchtweg kaum Verluste entstanden.“ Man kann wohl davon ausgehen, dass beide Wege für die Erhaltung der Paramente in dieser von größter Unsicherheit gekennzeichneten Zeit eingeschlagen worden sind. Die Paramente aus Thüringen konnten nach 1945 nicht alle nach Lübeck, dem „Zufluchtsort der Danziger Kirchenleitung“, überführt werden. Ein großer Teil wurde von Ostberlin im Oktober 1961 dem inzwischen polnisch gewordenen Danzig übergeben, so dass dort heute 183 Stücke aufbewahrt werden. Im Jahre 1958 gab es aus Anlass der Eröffnung des Theodor-Heuss-Baues im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg eine Ausstellung der Paramente, in deren Katalog alle 103 Stücke der Lübecker Sammlung aufgeführt und beschrieben werden. Zusätzlich befinden sich einige Stücke in Nürnberg.
Die Paramente wurden seit April 1964 in mit erheblichem Aufwand besonders hergerichteten, übereinander liegenden Räumen im Westwerk der Lübecker Marienkirche zwischen den beiden Türmen zur Besichtigung ausgestellt. Ebenfalls gezeigt wurden Altargeräte aus Silber, wie z. B. Kelche als Trinkgefäße, die aus den beiden evangelischen Kirchen in Thorn gerettet wurden. Pastor H. Brauer, Lübeck, berichtet aus den Rechnungsbüchern, dass etwa 7000 Besucher im Jahr von den wunderbaren Exponaten angezogen wurden. Frau Erika Sellin (Sekretärin der Gemeinschaft Evangelischer aus Danzig- Westpreußen) war für die Beaufsichtigung und die Kasse zuständig. Da die Mariengemeinde in Danzig als Eigentümerin der Sammlung nicht mehr existierte, ging sie in den Besitz der Evangelischen Kirche der Union (EKU) mit Sitz in Berlin über. Der Örtliche Beauftragte der EKU in Lübeck war seitdem 1. 4. 1979 als Nachfolger von Oberkonsistorialrat Gülzow der Lübecker Pastor Martin Hesekiel (*1912 in Posen, +2003 in Lübeck), der vor dem Kriege in Danzig und Neuenburg a. d. Weichsel tätig war. Pastor Gülzow berichtet über die Paramente: „Außer dem chinesischen Chormantel aus dem 14. Jahrhundert befinden sich in der gezeigten Ausstellung als Prachtstücke der Sammlung einige Chormäntel und Dalmatiken, die aus Mesopotamien oder Ägypten stammen. Wahrscheinlich sind diese Stoffe als Beutegut aus einem der Kreuzzüge nach dem Westen gekommen und hier zu Meßgewändern verarbeitet worden. Auf den prunkvollen Stücken, die reich mit Tiermotiven, Lotosblüten und Blattornamenten gearbeitet sind, befinden sich breite Schriftborten mit Votivinschriften in runder Naskhi-Schrift1 . Vielleicht handelt es sich um Stücke aus Teppichen für die Krönung eines Mamelucken-Sultans…. Am stärksten sind italienische Brokate, namentlich aus Lucca, aber auch aus Florenz und Venedig, vertreten. Oft lustig anzusehen sind die Motive der kunstvollen Darstellungen. Adler und Falken, Elefanten und Affen, Gazellen, Leoparden und Antilopen, Löwen Schwäne und Fische, Jagd- und Liebesszenen, Schiffe und Bäume, Blüten, Blätter und Ranken sind in immer wechselnder Stellung und Reichhaltigkeit kunstvoll zu herrlichen Mustern zusammengefügt. Unverkennbar beweisen die Motive den starken Einfluß, den die Kunst Chinas und Vorderasiens auf die italienische Brokatweberei in ihrer Blütezeit ausgeübt hat. Das geht soweit, daß man in Lucca pseudoislamische Schriftzeichen einweben und Panther, Khilin2 und Fonghoang3 abbilden konnte…. Herrliche Kostbarkeiten unserer Sammlung sind schließlich die feinen, bunten Stickereien (…mit überwiegend christlichen Motiven…) auf Antependien und Altartüchern, die dem norddeutschen Raum von Lübeck bis Danzig und auch Schweden entstammen….Ergänzt wird die Sammlung durch eine größere Anzahl von Reliquienkästchen, Kelchtüchern, prunkreichen Sargdecken und Altarbehängen, Sudarien, Manipeln und Humerales sowie anderen gottesdienstlichen Utensilien.“ Vier verschiedene Farbpostkarten ausgewählter Stücke sind 1983 entstanden, von denen noch heute eine im St. Annen-Museum erworben werden kann. Im Jahre 1990 mussten die Paramente die Lübecker Marienkirche verlassen. In diesem Zusammenhang wurde von Polen wieder das Verlangen laut, die Gewänder nach Danzig zu geben und dieses auch von einigen Personen unterstützt (z .B. von dem gebürtigen Danziger Hans Lothar Fauth, CDU-Mitglied der Lübecker Bürgerschaft). Pastor Hesekiel wandte sich in einem Brief vom 27. Sept. 1990 an die Lübecker Nachrichten gegen Berichte, der Lübecker Bürgermeister Bouteiller habe die Übergabe der Paramente nach Danzig in Aussicht gestellt. Auch Prof. Dr. Pieper schrieb am 10. 9. 93: „Wenn man die Paramente heute von polnischer Seite reklamiert, dann bedeutet diese Forderung, dass die Flüchtlinge nicht nur ihre Heimat und ihren Besitz aufgeben mussten, sondern nun auch noch das mühsam bewahrte Fluchtgepäck abgeben sollen. Dafür kann man keine Zustimmung erwarten,“ Zum 75. Geburtstag, am Sonntag, dem 23. September 1990, des besonders für seine mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kunstschätze bekannten Lübecker St.-Annen-Museums wurde unter wohlwollender Begleitung der Presse eine Schatzkammer eingerichtet, in der Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit den wertvollen Ausstellungsstücken in den Vitrinen entsprechend geregelt werden konnten. Hier wurden nun auch „die besterhaltensten und prunkvollsten Kostbarkeiten des aus Danzig stammenden Paramentenschatzes“ gezeigt gemeinsam mit weiteren kirchlichen Geräten aus Gold oder Silber aus dem Lübecker Bestand und „machen diesen Teil des St.-Annen-Museums zum Höhepunkt der mittelalterlichen Abteilung.“ In dem Zeitungsartikel vom 22. 9. 1990 heißt es auch: „Denn obgleich die Paramente im St.-Annen-Museum verbleiben sollen, fordert die polnische Kirche auch heute immer noch die Rückgabe dieser im Krieg nach Lübeck gebrachten Kirchenschätze.“ Die Sammlungen wurden als eine der wertvollsten Paramentensammlungen Europas bezeichnet. Dementsprechend groß war auch die Freude und die Anerkennung der Museumsleitung und der Mitarbeiter, zumal aus dem ehemals auch reichen Schatz der Lübecker Kirchen nur wenige Paramente erhalten geblieben sind. Die Evangelische Kirche der Union als Eigentümerin der Danziger Paramente hatte zuvor einen entsprechenden Vertrag mit der Hansestadt Lübeck als Eigentümerin des St. Annen-Museums geschlossen. Als die EKU im Jahre 2003 aufgelöst und in die Evangelische Kirche Deutschlands überführt wurde, gingen auch die Paramente in das Eigentum der EKD über, der sie heute noch gehören. Die Paramentenkammer im St. Annen-Museum wurde vor einigen Jahren wegen Bauarbeiten aufgelöst und die Paramente wurden im Magazin eingelagert. Sie sind bis heute der Öffentlichkeit nicht zugänglich. In der Schweiz soll von zwei Wissenschaftlerinnen eine Publikation über die Danziger Paramente in Vorbereitung sein. [Ergänzung: Die Publikation ist inzwischen erschienen unter dem Titel Birgitt Borkopp-Restle, Der Schatz der Marienkirche zu Danzig. Liturgische Gewänder und textile Objekte aus dem späten Mittelalter. Affalterbach 2019 - hinzugefügt: J. M.] Diese Sammlung kostbarer Danziger Paramente ist nicht nur ein heute noch sichtbares Beispiel für die Pracht und Feierlichkeit der gottesdienstlichen Handlungen der damaligen Zeit und die Lebenswelt unserer Vorfahren, sondern ebenso ein Beleg für die erstaunlich hohe Kunst im Bereich der Weberei und der Stickerei vergangener Jahrhunderte. Vor allem aber steht sie für das reiche kulturelle Erbe, das Danzig und der damalige deutsche Nordosten hinterlassen haben und das als Teil der gesamten deutschen Geschichte und Kultur zu bewahren, Pflicht sein sollte.
Nachtrag 2019
Nach Schließung der Paramentenkammer und jahrelanger Einlagerung der kostbaren Paramente in ein Magazin im Museum, so dass sie praktisch unzugänglich waren, erfolgte am 18. Januar 2019 in einem würdigen Festakt, dem auch vertriebene Danziger beiwohnten, die Wiedereröffnung einer „Paramentenkammer“. In einem der schönsten Remter des St. Annen-Museums befinden sich jetzt fünf vorschriftsmäßig temperierte und belüftete Vitrinen, in denen wechselweise ausgewählte Danziger Paramente präsentiert werden. In einer weiteren gleichartigen Vitrine wird die Dalmatica des Lübecker Bischofs Hinrich II. Bocholt aus dem einst umfangreichen Lübecker Paramentenschatz gezeigt. Der Raum gewinnt durch zwei große, farbig strahlende Glasmalereien, die ähnlich wie Fenster wirken, und zwei kostbare alte Altäre, die dem Raum eine besondere Atmosphäre verleihen.. Dieses außergewöhnlich wertvolle, eindrucksvolle mittelalterliche Ensemble ist nun in die Dauerausstellung des St. Annen-Museums integriert.
Benutzte Literatur aus meiner Sammlung
Gerhard Gülzow: Aus dem mittelalterlichen Paramentenschatz von St. Marien-Danzig jetzt in St.Marien-Lübeck. O. J., o. O. Kirchenbrief der Gemeinschaft Evangelischer aus Danzig-Westpreußen Nr. 39. März 1957, S. 2 Gerhard Gülzow: Die Danziger Marienkirche und ihre Kunstschätze. Text zu einer Diaserie mit 69 Bildern von Renate Kückbusch. O. Jahr. Aus dem Danziger Paramentenschatz und dem Schatz der Schwarzhäupter zu Riga. Ausstellungskatalog des Germanischen National-Museums, Nürnberg 1958. Willi Drost: Die Marienkirche in Danzig und ihre Kunstschätze. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1963
Maria Zelewska: Messgewand aus der Danziger Werkstatt der Brigittinnen. Nationalmuseum in Gdansk. Gdansk 1989. Lübecker Nachrichten vom 1.6.1990, 20.9.1990, 22.9,1990, 4. September 1993 Martin Hesekiel: Brief vom 27. Sept. 1990 an die Lübecker Nachrichten Der Danziger Paramentenschatz im St. Annen-Museum. Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck. O. Jahr, o. Autor.
Brigitte Heise und Hildegard Vogeler: Form und Funktion liturgischer Gewänder und Kirchengeräte. Museum für Kunst und Kulturgesch. der Hansestadt Lübeck, 1990. Prof. em. Dr. Ing. Dr. Ing. E. h. Klaus Pieper: Brief vom 10.9.93 an den Vorstand der St.Marien-Gemeinde Lübeck, das St. Annen-Museum Lübeck, und das Germanische Nationalmuseum Nürnberg. Birgitt Borkopp-Restle und Barbara Schellewald: Ein Ornat für den Lübecker Dom. Hinrich II. Bocholt – Inszenierung im Leben und nach dem Tode. In: Zeitschrift für Lübeckische Geschichte, Band 91 (2011), S. 9 – 27.
Ferner:
Aus dem Danziger Paramentenschatz und dem Schatz der Schwarzhäupter zu Riga. Ausstellungskatalog des Germanischen National-Museums. Nürnberg 1958. Der Danziger Paramentenschatz im St. Annen-Museum. Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck. O. Jahr, o. Autor. Kirchenbrief der Gemeinschaft Evangelischer aus Danzig-Westpreußen.Nr. 39, März 1957, S. 2 Lübecker Nachrichten vom 1. 6. 1990, 20.9. 1990, 4. 9. 1993.
Weitere Literatur
Martin Cromer: Ratio proventum et suppellectilis ecclesasticae in civitate et suburbiis Gedanense. 1552, Stadtarchiv Danzig. Franz Bock: Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters. Band 1 – 3. Bonn 1859 – 1871. A. Hinz: Die Schatzkammer der Marienkirche. 2 Bände, Danzig 1870. Walter Mannowsky: Der Danziger Paramentenschatz. Kirchliche Gewänder und Stickereien aus der Marienkirche. Band 1 – 5, Berlin 1931 – 1938 Karen Stolleis: Messgewänder aus deutschen Kirchenschätzen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 140 Text- und 56 Farbseiten. Schnell & Steiner, Regensburg 2001.
Auch ist inzwischen erschienen:
Birgitt Borkopp-Restle: Der Schatz der Marienkirche zu Danzig. Liturhgische Gewänder und textile Objekte aus dem späten Mittelalter. Didymos-Verlag, 2021. 384 Seiten mit 190 farbigen Abbildungen und 144 Graphiken. Gebunden EUR 48,--.
H.-J. Kämpfert, 10. Juli 2017 Ergänzt: 2. 10. 1
Anmerkungen: 1Anmerkung Kämpfert: Auch Naschi = Nas-chi: Hauptschrift für das Schreiben des Korans, ab etwa 1000 dominierende arabische Schriftart. 2Anm. Kä.: Auch Qilin: Mythisches, einhornähnliches Tier aus Ostasien) 3Anm.: Kä.: mythischer, einem Phönix ähnlicher Vogel aus China
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[Anschreiben vom 2. Februar 2023 - Jürgen Martens]
Vorsitzende des Rates der EKD Frau Präses Dr. h.c. Annette Kurschus Herrenhäuser Straße 12 30419 Hannover
Danziger Paramentenschatz in Lübeck Bezüge: Mein Schreiben vom 27.12.2022 Schreiben OKR Dr. Evang vom 24.01.2023
Sehr geehrte Frau Präses Dr. Kurschus,
Sie hatten Herrn OKR Dr. Evang beauftragt, mein an Sie gerichtetes kritisches Schreiben vom 27. Dezember 2022 zu beantworten. Für die mit der Antwort verknüpften Mühen danke ich verbindlich. Allerdings können mich die inhaltlichen Aussagen nicht zufriedenstellen. Befremdlich ist für mich u. a., daß Ihre Pressemitteilung vom 9. Dezember 2022 über die Unterzeichnung des Deals mit dem Erzbistum Danzig elfmal den polnischen Namen Gdańsk benutzt statt den deutschen Namen Danzig. Befremdlich deswegen, weil das Auswärtige Amt empfiehlt, in offiziellen Verlautbarungen neben der jetzigen Namensgebung auch den deutschen Ortsnamen zu verwenden – das gilt uneingeschränkt auch für die EKD. Ihr sog. Letter of Intent (Absichtserklärung) vom 8. Dezember 2022 betont die Freude von Stadt und Erzbistum Gdańsk, daß demnächst auch der Paramentenschatz nach Hause kommt, und verweist auf die Initiative der UEK bei der Rückgabe des Dreifaltigkeitsaltars der Georgsbruderschaft aus der Danziger Marienkirche im Geist der ökumenischen und der polnisch-deutschen Freundschaft. In der Tat: eine lobenswerte Aussage, zu der ich mich uneingeschränkt bekenne. Doch müssen deshalb die Lübecker Paramente nach Danzig verschenkt werden, ohne daß das katholische Erzbistum Danzig eine Gegenleistung erbringt? Und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem der polnische Staat Reparationsforderung an den Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches, an die Bundesrepublik Deutschland, in Höhe von 1,3 Billionen Euro stellt? Dabei wird polnischer-, aber auch deutscherseits außer acht gelassen, daß Deutschland mit den Annexionen von Pommern, Westpreußen mit Danzig, Ostbrandenburg, Schlesien und südliches Ostpreußen durch Polen bereits Kompensationsleistungen einschließlich der damit verbundenen privaten und staatlichen Infrastrruktur- und Vermögensverluste erbracht hat, die die polnischen Forderungen um weit mehr als das Doppelte übertreffen. Meine Frage nach der Vereinbarkeit des in der Absichtserklärung angekündigten grundlosen Verschenkens von deutschem Kulturgut erfährt keine Antwort auf die in § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) formulierte Verpflichtung von Bund, Ländern und Gemeinden – sie gilt auch für das Eigentum, das die UEK als Rechtsnachfolgerin von den untergegangenen evangelischen Gemeinden in den historischen deutschen Ostprovinzen einschließlich Westpreußens mit Danzig übernommen hat - entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten. Auch meine Frage nach der Vereinbarkeit von Artikel 14, 2 GG mit Ihrer Schenkungsabsicht bleibt unbeantwortet. § 96 BVFG fordert von staatlichen Stellen – die beiden Kirchen sind eingeschlossen – den Erhalt des deutschen Kulturgutes. Das betrifft auch Danzig. Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen knappen historischen Rückblick: Spätestens seit der Inbesitznahme Pommerellens und seiner Hauptstadt Danzig durch den Deutschen Orden 1308/09 entwickelte sich die Stadt endgültig zu einem Kernpunkt deutscher Siedlung und Tätigkeit an der Ostsee. Unabhängig von der jeweiligen politischen Zugehörigkeit Danzigs war diese Stadt bis 1945 zu etwa 97 Prozent von Deutschen bewohnt und somit deutsch geprägt. Erst das Kriegsende 1945 brachte mit Flucht und Vertreibung einen vollständigen Bevölkerungsaustausch. Wenn Sie nunmehr beabsichtigen, die unermeßlich wertvollen Paramente nach Danzig zu verschenken, so ist dies ein Unrechtsakt, denn Sie geben deutsches Kulturgut aus der Hand, das zu schützen und zu bewahren unser gemeinsames Anliegen ist. Sie und die UEK in der EKD sind m. E. zu dem Schenkungsakt nicht berechtigt. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß die Danziger Marienkirche (Baubeginn 1343) 1502 fertiggestellt wurde. 1525 begann die Reformation in Danzig, und der letzte katholische Pfarrer war bis 1525 Alexander Svenichen. Seitdem predigten in St. Marien bis zum Kriegsende 1945 nur evangelische Geistliche, als letzter Pfarrer Dr. Gerhard Gülzow; St. Marien war für mehr als 400 Jahre eine evangelische Kirche. Somit war es die evangelische St. Marien-Gemeinde, die die mittelalterlichen liturgischen Gewänder über mehr als 400 Jahr hegte und pflegte. Ob in der evangelischen Zeit der liturgische Schatz vergrößert wurde, darüber könnte die Lektüre von Walter Mannowskys fünfbändige Publikation Der Danziger Paramentenschatz. Kirchliche Gewänder und Stickereien aus der Marienkirche (Berlin 1931–1938) Auskunft geben. Auch Birgitt Borkopp-Restle ließe sich als Fachfrau zur Klärung dieser Frage heranziehen. Für mich ist das Verschenken der Paramente ein Kotau der EKD vor dem Erzbistum Danzig; rational läßt sich der gesamte Vorgang nicht begründen.Ist von Ihnen geklärt worden, wo die Paramente in Danzig sinnvollerweise konservatorisch verwahrt werden sollen? Die Danziger Marienkirche ist als Bewahrungsort mit öffentlicher Zugänglichkeit ebensowenig geeignet wie einst die Lübecker Marienkirche mit der Präsentation zunächst im Nordturm und dann im Westwerk (heute Standort der Großen Orgel). Als sinnvolle Alternative kommt nur das Danziger Nationalmuseum in Frage. Dieses beherbergt bereits 186 Teile – 1964 von der damaligen DDR-Regierung an Polen gegeben – der rd. 290 Paramentenstücke, die von Pastor Dr. Gerhard Gülzow mit einigen Getreuen seiner evangelischen Gemeinde vor der Vernichtung Ende 1944 gerettet werden konnten. Sie befinden sich demnach nicht in der Marienkirche zu Danzig, wie Ihre Absichtserklärung suggeriert! Ein Verbleib des Lübecker Teils der Paramente im St. Annen-Museum wäre somit mehr als gerechtfertigt. Gleiches gilt auch für den Teil der Paramente, die im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg bewahrt werden. In diesem Fall wäre noch abzuklären, ob dieser Part überhaupt mit der Rettungsaktion von Pastor Gülzow in Verbindung steht. Möglicherweise ist dieser Paramententeil bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt in das Museum gelangt. Weitere Fragen stellen sich: Wenn meine Informationen zutreffen, haben Mäzene bei der Finanzierung benötigter Ausstellungsvitrinen für das St. Annen-Museum mitgewirkt. Träfe das zu, wäre das nicht eine Brüskierung, die dazu führen würde, künftig von einem derartigen Engagement Abstand zu nehmen? Ich bin der festen Überzeugung, daß statt der geplanten Paramentenschenkung nach Danzig auch eine andere Verfahrensweise als Ausdruck ökumenischer und polnisch-deutscher Freundschaft möglich ist. Man könnte einen regelmäßigen Austausch der in Danzig und in Lübeck vorhandenen liturgischen Objekte vereinbaren. Auf diese Weise bliebe im St. Annen-Museum der wertvolle Paramentenschatz bewahrt. Damit würde das Museum für seine jahrelangen Mühen zur Bewahrung der textilen Kleinodien honoriert und nicht gleichsam mit der Abgabe deutschen Kulturgutes in das heutige polnische Danzig „bestraft“ werden. Der Letter of Intent der EKD vom 8. Dezember 2022 macht mich fassungslos (ich hatte das bereits in meinem Schreiben vom 27. Dezember 2022 formuliert); ich war entsetzt und wütend über das Verhalten der Leitung meiner evangelischen Kirche, deren Mitglied ich seit 83 Jahren bin. Dieses absolute Unverständnis gegenüber Ihrem Verhalten wird gesteigert in Erinnerung an die Großtat von Pastor Dr. Gerhard Gülzow, der unter Lebensgefahr die Paramente aus seiner Danziger Marienkirche rettete, oder an den Lübecker Pfarrer Karl Friedrich Stellbrink. Er wurde am 10. November 1943 zusammen mit seinen katholischen Amtsbrüdern Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange in Hamburg hingerichtet, weil sie öffentlich die Unrechtstaten der Nationalsozialisten kritisiert hatten. Die Hinrichtung von Karl Friedrich Stellbrink geht mir besonders deshalb nahe, weil er mich am 27. August 1939 in der Lübecker Lutherkirche, in der später Dr. Gerhard Gülzow das Pfarramt ausübte, getauft hatte. Sowohl Pastor Gülzow als auch Pastor Stellbrink hätten als evangelische Geistliche den Maßnahmen ihrer Kirche, die in der Absichtserklärung zum Ausdruck kommt, mit Sicherheit kein Verständnis entgegengebracht. Als Konsequenz stellt sich mir die Frage, ob ich es noch mit meinem Gewissen vereinbaren kann, dieser Kirche anzugehören. Ich bitte Sie und fordere Sie zugleich auf, überdenken Sie Ihre kirchliche Absicht der Rückgabe und lassen Sie dies nicht Realität werden.
Mit freundlichen Grüßen gez. Jürgen Martens
Auf diese Eingabe an Frau Präses Kurschus hat die Leitung der EKD bisher (Datum 10.02.2023) nicht reagiert.
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Schreiben Hans-Jürgen Kämpfert/Jürgen Martens v. 13.02.2023
13. Februar 2023
An den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Herrn Olaf Scholz Bundeskanzleramt Willy-Brandt-Strasse 1 10557 Berlin
Danziger Paramente Anlagen
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
in einer Presseerklärung vom 9. Dezember 2022 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bekanntgegeben, dass die Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der Evangelischen Kirche in Deutschland in einer Absichtserklärung vom 8. Dezember 2022 mit der Marienkirche Gdańsk eine Vereinbarung getroffen hat, in den kommenden Jahren deutsches Kulturgut aus den Vertreibungsgebieten – es handelt sich hier um unermeßlich wertvolle liturgische Gewänder aus der bis 1945 evangelischen Danziger Marienkirche - nach Danzig zu geben. 103 Stücke dieses mittelalterlichen Paramentenschatzes, die mit weiteren Teilen Ende 1944 in den Westen gelangten, befinden sich heute im Lübecker St. Annen-Museum und werden dort präsentiert. Die Unterzeichner des Schreibens befinden sich mit weiteren Persönlichkeiten im schriftlichen kritischen Austausch mit der Leitung der EKD. Sie handeln auf der Grundlage von § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), der Bund und Länder verpflichtet, entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten. In diesem konkreten Fall soll verhindert werden, dass diese Paramente – als Teile deutschen Kulturerbes aus dem historischen östlichen Deutschland - nach Polen gegeben werden. Wir bitten Sie eindringlich um Unterstützung unserer Bemühungen gegenüber der EKD, die Paramente nicht aus Deutschland abzugeben - dafür fehlt zudem die Rechtsgrundlage -, sondern sie in unserem Lande zu bewahren und sie weiterhin im St. Annen-Museum zu Lübeck der Öffentlichkeit zu zeigen. Dieses Museum gewährleistet höchsten ICOMOS-Standard für die Bewahrung und Pflege wertvoller Exponate. In der Danziger Marienkirche ist das nicht der Fall. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den beigefügten Unterlagen.
Mit freundlichen Grüßen gez. H-J. Kämpfert / J. Martens
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Schreiben der Historischen Kommission vom 18.02.2023 unbeantwortet bis zum 01.04.2023
Der Vorsizende Prof. a. D. Dr. Jürgen Sarnowsky Universität Hamburg, Fachbereich Geschichte Mittelalter Überseering 85#5 22297 Hamburg
An die Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland Amtsbereich der UEK im Kirchenamt der EKD Postfach 210220 20402 Hannover
Betr. Danziger Paramentenschatz / Ihr Schreiben an Herrn Dr. Martens vom 24.1.2023
Sehr geehrter Herr OKR Dr. Evang, sehr geehrte Damen und Herren, die Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung arbeitet seit vielen Jahrzehnten in enger Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Polen sowie mit den dortigen Institutionen zusammen, ihr gehören auch zahlreiche polnische Kolleginnen und Kollegen als Mitglieder an. Die Kommission setzt sich daher nachdrücklich für gute deutsch-polnische Beziehungen und einen fairen Ausgleich möglicher Konfliktpunkte ein. Dennoch haben wir die geplante Übergabe der Danziger Paramente mit Überraschung aufgenommen. Sie erscheint unter den heutigen Rahmenbedingungen aus mehreren Gründen unnötig und überflüssig: 1. Es handelt sich bei den Paramenten keineswegs um „Beutekunst“, wie sie leider häufig noch in unseren Museen anzutreffen ist, sondern um den legitimen Besitz der UEK. 2. Unter den Bedingungen zunehmender Digitalisierung erscheint der räumliche Transfer von Kulturgütern (der diesen fast immer Schaden zufügt) nicht mehr zeitgemäß. Die „physische“ Zugänglichkeit ist ohnehin an beiden Standorten gewährleistet, wünschenswert und nötig ist daher nur eine virtuelle Zusammenführung der Bestände, zumal diese weder in Danzig noch in Lübeck jemals vollständig gezeigt werden könnten. 3. Die Danziger Fachtagung „Der Danziger Paramentenschatz. Wiederentdeckung, Erinnerung und Erforschung“ hat im Oktober 2022 gezeigt, dass eine sinnvolle Erschließung und Erforschung der Paramente auch unter den aktuellen Bedingungen möglich ist und gerade der Zugang an zwei Standorten zur weiteren Auseinandersetzung mit diesen Kulturzeugnissen und damit zu einem deutsch-polnischen Austausch anregt. 4. Gerade in Deutschland gibt es ein erhebliches Defizit in Kenntnis und Interesse an der gemeinsamen deutsch- polnischen Geschichte. Danzig war über Jahrhunderte eine deutsche Kultur- und Geistesmetropole. Für ein besseres Miteinander in Europa ist es zentral, auch in Deutschland Kulturgut aus diesem früher auch deutschen Kulturraum auszustellen und zugänglich zu halten. Daher möchte ich Sie dringend bitten, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken und in Zusammenarbeit mit Ihren polnischen Partnern eine zeitgemäßere Lösung zu finden. Mit freundlichen Grüßen gez. Jürgen Sarnowsky
Zum Original dieses Schreibens bitte Link anklicken!
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Schreiben StArchDir a. D. Dr. Rudolf Benl vom 04.03.2023
An die EKD - Evangelische Kirche in Deutschland z. Hd. der Praeses, Frau Dr. Annette Kurschus Herrenhäuser Straße 12 30419 Hannover
Sehr geehrte Frau Dr. Kurschus! Mit Bestürzung und Empörung habe ich vor wenigen Tagen erfahren, daß die Spitze der EKD, in erster Linie durch Sie vertreten, beabsichtigt, den in Lübeck verwahrten Teil des Danziger Paramentenschatz in das heutige Polen auszuliefern. Noch im Juli 2022 standen meine Frau, die über ihre Mutter Danziger Herkunft ist – meine Schwiegermutter ist 1935 von Danziger Eltern in Danzig geboren –, und ich im Lübecker Annenmuseum bewundernd vor den ausgestellten Teilen des Paramentenschatzes, nicht ahnend, daß wir nach dem Willen der Spitze der EKD zu den letzten gehören sollten, die diese liturgischen Schätze, die zum deutschen Kulturgut gehören, sähen. Wenn Erzbischof Wojda davon spricht, daß der Paramentenschatz „nach Hause“ kommt, so spricht er die Unwahrheit. Die Paramente sind bei denen „zu Hause“, für die sie geschaffen worden sind und die sie jahrhundertelang bewahrt haben: bei den Danzigern. Die Danziger, die nach 1945 vertrieben wurden, konnten und können nicht „nach Hause“ gehen. Sie mußten einem erobernden Volk ihre Heimat, ihr gesamtes Eigentum, ihr Kulturgut, soweit sie es nicht retten konnten – und das war wenig – überlassen. Nun soll ihnen und damit dem ganzen deutschen Volk auch noch ein wichtiger Teil des wenigen, was nicht in zugreifenden fremden Händen zurückgelassen werden mußte, genommen werden. Wenn man Erzbischof Wojda die Paramente zusammen mit der Rückgabe der 380.000 vertriebenen Danziger anböte, wäre er darüber wahrscheinlich nicht begeistert. Ich halte das Vorhaben der EKD-Spitze für empörend und denen gegenüber, denen so viel gewaltsam genommen worden ist, geradezu zynisch, zumindest herzlos. Andererseits scheint mir dem Erzbischof Wojda und vielen seiner Landsleute, auch solchen, die im geistlichen Stande stehen, das nach christlichem Verständnis erforderliche Unrechtsbewußtsein zu fehlen. Zu diesem traurigen Kapitel der Geschichte, auch der Kirchengeschichte verweise ich auf die Veröffentlichung von Professor Georg W. Strobel, der Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt war und vor allem zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Ostmitteleuropa forschte und veröffentlichte: Chauvinismus und Verstrickung. Die Haltung der katholischen Kirche Polens gegenüber Deutschen und Deutschland, insbesondere nach 1945. In seiner Haltung gegenüber allem Deutschen ging der polnische Episkopat immer mit der kommunistischen Staatsführung konform. Nach dem Ende der Marxistenherrschaft in Polen hat sich an dieser Haltung aber offensichtlich nichts geändert. Wenn Erzbischof Wojda und sein Diözesanklerus sich nun von den seinerzeit Beraubten noch einen wertvollen Teil des diesen verbliebenen kleinen Restes „schenken“ läßt, so wirft solches zumindest ein seltsames Licht auf den hohen Prälaten. Ich schreibe dies übrigens als praktizierender Katholik. Offenbar empfindet im heutigen Danzig und in dessen weiter Umgebung niemand das völlig Unangemessene dieser Forderung und der weiteren nicht enden wollenden Forderungen des polnischen Staates und der polnischen Öffentlichkeit einschließlich seiner „patriotischen“ (wohl eher chauvinistischen) Kirche gegenüber den einstmals davongejagten Deutschen und dem wenigen, was diese an 800 Jahre deutscher Geschichte und Kultur erinnerndem Kulturgut für sich und das ganze deutsche Volk bewahrt haben. Eine solche Fühllosigkeit ist bestürzend und gibt zu denken. Ich erinnere an die von seiten des polnischen Staates erst vor wenigen Monaten wieder erhobenen Forderungen, zu denen auch die Forderung auf deutsches Kulturgut, das bei einem ostwärts führenden Transport die Waggons zahlreicher Eisenbahnzüge füllen würde. Als meine Schwiegermutter und ihre Mutter, katholische Danziger, 1949 das polnische Lager Potulitz bei Bromberg, wo meine Schwiegermutter, damals ein zwölfjähriges Mädchen, von 1947 bis 1949, ihre Mutter von 1945 bis 1949 hatte leben müssen, und – ebenfalls in Waggons – westwärts bis Frankfurt/Oder verfrachtet wurden, konnten sie nur das mitnehmen, was sie am Leibe trugen. Ich bitte Sie und die Spitze der EKD, von dem geradezu zynischen, überdies gegen den § 96 des Bundesvertriebenengesetzes verstoßenden Vorhaben, den in Lübeck verwahrten Teil des Danziger Paramentenschatz in das heutige Danzig auszuliefern, abzustehen. Wenn dies geschähe, würde sich die EKD in eine Reihe stellen mit dem SED-Regime unter Ulbricht, das 1962 – vielleicht unter starkem polnischem Druck – die andere Hälfte des Paramentenschatzes ausgeliefert hat. Will die EKD heute freiwillig etwas tun, was das kommunistische Regime der DDR vielleicht nur gezwungen getan hat? Von „deutsch-polnischer Freundschaft“ kann nur die Rede sein, wenn beide Seiten, endlich auch die polnische, auf der Grundlage von Recht und Wahrheit miteinander umgehen, auf der Grundlage von Recht von Wahrheit die Vergangenheit betrachten und werten und auf der Grundlage von Recht und Wahrheit die Gegenwart gestalten.
Solange für Polen, auch für Episkopat und Klerus der polnischen Kirche – die immer mehr polnisch als katholisch war – die Aussage des 2000 verstorbenen exilpolnischen Publizisten Jerzy Giedroyć gilt „Die moderne Geschichte Polens besteht in großem Maße aus Mythomanie oder patriotischer Verlogenheit“, ist ein Wandel im polnischen Verhalten allerdings leider recht unwahrscheinlich. Als Historiker, der jahrzehntelang auf dem Gebiet der ostdeutschen Geschichte – und zwar der Geschichte Pommerns – geforscht und veröffentlicht hat, kenne ich die polnische „Geschichtsdeutung“. Sie ist auf weite Strecken hin der Aufhellung durch das Licht der Wahrheit und der Wahrheitsliebe bedürftig. Dazu sollte endlich ein Aufbruch erfolgen. Das Verhalten der EKD-Spitze wird dazu aber nicht ermutigen. Freundschaft kann nicht auf der Grundlage einer Konstellation entstehen, bei der der eine dem anderen Anweisungen gibt, der andere diese mit Bücklingen oder gar kriechend entgegennimmt und sie eilfertig vollzieht, bei der der eine die Hand aufhält und der andere sie füllt. Das Entstehen einer Freundschaft würde also durch Ihr Vorhaben keineswegs befördert, sondern, indem bisherige Verhaltensweisen sich für die polnische Seite wieder einmal als erfolgreich erweisen würden, verhindert. Abschließend bitte ich Sie und die Spitze der EKD noch einmal, von dem unheilvollen, in aller Heimlichkeit und ohne Hinzuziehung der wirklich Betroffenen vorbereiteten Vorhaben abzustehen. Der Danziger Paramentenschatz ist nicht das Eigentum weniger an der Spitze der EKD stehender Personen.
Mit freundlichen Grüßen gez. R. Benl
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Antwort der EKD vom 23.03 2023 Die Antwort geht auf die Argumente von Dr. Benl nicht ein!
Zur Originalantwort bitte Link anklicken
Übertragung der Eigentumsrechte des Danziger Paramentenschatzes an die Marienkirche Danzig
Sehr geehrter Herr Dr. Benl,
Ihr Schreiben vom 04.03.2023 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erreicht. Gern antworten wir im Auftrag der von Ihnen angeschriebenen EKD-Ratsvorsitzenden, Präses Dr. h.c. Annette Kurschus, zugleich bitten wir um Verständnis, dass sie die vielen an sie gerichteten Schreiben sehr wohl wahrnimmt, jedoch nicht jeweils einzeln antworten kann. Nach der am 8. Dezember 2022 erfolgten Unterzeichnung eines sog. "Letter of intent" zur Übertragung der Eigentumsrechte an den derzeit in Lübeck und Nürnberg aufbewahrten Stücken des Danziger Paramentenschatzes an die Marienkirche Danzig und ihre Rückkehr möchten wir das Vorhaben in seinen größeren Zusammenhängen gern verständlich machen. Die UEK als Teil der EKD ist Rechtsnachfolgerin der ehemaligen, mit Ende des 2. Weltkriegs untergegangenen, zur Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union gehörenden deutschen evangelischen Kirchengemeinden im heutigen Polen. Als solche ist die UEK Eigentümerin einer Vielzahl von kirchlichen Gegenständen, die bis zum Ende des 2. Weltkriegs, zumeist auf der Flucht durch Mitglieder dieser Gemeinden, nach Westen mitgenommen wurden, um sie vor Verlust oder Zerstörung zu bewahren. Diese Objekte sind schon zu Zeiten der früheren EKU — heute UEK — sorgfältig erfasst und in regulären Verfahren ausgeliehen worden. Für die Feier des Gottesdienstes bestimmte Gegenstände sind zumeist an Kirchengemeinden in ganz Deutschland ausgeliehen und dort weiter in gottesdienstlichem Gebrauch. Andere Gegenstände sind an Museen ausgeliehen worden, in denen sie sachgerecht aufbewahrt und ausgestellt werden können. Ein herausragendes Beispiel für beide Umgangsweisen ist der Dreifaltigkeitsaltar der Georgsbruderschaft aus der Marienkirche Danzig, dessen Retabel und Predella in den Kriegsjahren nach Berlin gelangt waren. Über Jahrzehnte war die Predella an die St. Johanniskirche Berlin-Moabit, das Retabel an die Gemäldegalerie Berlin ausgeliehen.
Anlässlich der zweisprachigen ökumenischen Vesper zur Rückkehr des Altars, die pandemiebedingt erst verspätet in der Marienkirche Danzig stattfinden konnte, und eines damit zeitlich verbundenen öffentlichen Symposiums zu Fragen der Kulturgüterrückführung zwischen Polen und Deutschland im Juni 2022 in Danzig wurde — wiederum auf Initiative der UEK — in Aussicht genommen, einen Letter of Intent aufzusetzen, in dem die künftige Rückkehr der im Eigentum der UEK befindlichen Stücke des Danziger Paramentenschatzes an ihren historischen Ort, die Marienkirche Danzig, vereinbart werden sollte. Dieser Letter of Intent wurde in intensiven Gesprächen nicht nur zwischen der UEK und der Marienkirche Danzig sowie dem Bistum Danzig-Oliwa, sondern auch mit dem St. Annen- Museum Lübeck und dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg vorbereitet und ausgearbeitet. Der Letter of Intent über die Rückkehr des Danziger Paramentenschatzes nach Gdask ist am 8. Dezember 2022 in Hannover unterzeichnet worden, für die UEK von dem Vorsitzenden der Vollkonferenz und des Präsidiums, Kirchenpräsident Dr. Dr. h.c. Jung, und der Leiterin des Amtsbereichs der UEK im Kirchenamt der EKD, Bischöfin Bosse-Huber, für die Marienkirche Danzig von Prälat Bradtke und für das Bistum Danzig von Bischof Wojda. Er dokumentiert die beiderseitige Absicht, (1) dass die im Eigentum der UEK befindlichen Stücke des Danziger Paramentenschatzes in absehbarer Zeit durch einen Schenkungsvertrag in das Eigentum der Marienkirche Danzig übertragen werden und dorthin zurückkehren sollen, (2) dass die Marienkirche Danzig Voraussetzungen für eine konservatorisch sachgerechte Aufbewahrung und Ausstellung der Paramente schafft, (3) dass in Lübeck und ggf. auch in Nürnberg auch künftig einzelne Paramente des Danziger Paramentenschatzes ausgestellt werden und (4) dass ein Fachbeirat, in dem beide Seiten vertreten sind, die Umsetzung des Vorhabens begleitet.
Der Letter of lntent schließt mit den Worten: „Die UEK und die Marienkirche Gdask betrachten die erfolgte Rückkehr des Dreifaltigkeitsaltars und die beabsichtigte Rückkehr der Paramente zur Marienkirche Gdask und ebenso die dauerhafte Präsenz einzelner Danziger Paramente in Lübeck (und Nürnberg) als Ausdruck ökumenischer Verbundenheit zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, als Ausdruck der Versöhnung zwischen Deutschland und Polen und als Ausdruck der besonderen Verbundenheit der Städte Lübeck und Gdask." Die UEK und die EKD standen und stehen mit der Direktorin des St. Annen-Museums, Frau Dr. Täube, sowie mit dem ehemaligen und dem jetzigen Leiter der Lübecker Museen, den Herren Professor Wisskirchen und Dr. von Stockhausen, in engem und einvernehmlichem Austausch. Die dauerhafte Ausstellung von einzelnen Danziger Paramenten in Lübeck wahrt den jetzigen Status. Sie soll dazu beitragen, die Erinnerung an die entsagungsvolle Rettung der Danziger Paramente durch Mitglieder der evangelischen Marienkirchengemeinde zu bewahren und die zwischen Lübeck und Danzig bestehende kulturelle Brücke zu stärken.
Zudem ist dies auch als wichtiger Schritt auf dem Weg einer weiterhin nötigen und mit Leben zu füllenden Versöhnung zwischen den beiden Nachbarvölkern zu sehen.
Wir danken Ihnen für Ihren Hinweis auf die Rechtslage. Selbstverständlich wurde der ganze Vorgang auch rechtlich geprüft. Wir können keinen Verstoß gegen geltendes Recht erkennen.
Mit freundlichen Grüßen und guten Wünschen
gez. T. Brand
Mitarbeiter im Team Info-Service der evangelischen Kirche Tel. 0800-5040602, E-Mail: info@ekd.de
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Jürgen Martens
Mein E-Mail-Schreiben an Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau vom 01.04.2023 wurde, wie nachstehend wiedergegeben, am 05.04.2023 nicht zur Kenntnis genommen, sondern gelöscht:
Antwort vom 05.04.2023 aus Lübeck: Ihre Nachricht An: BÜRGERMEISTER Betreff: Danziger Paramente im Lübecker St. Annen-Museum Gesendet: Samstag, 1. April 2023 13:26:09 (UTC+01:00) Amsterdam, Berlin, Bern, Rom, Stockholm, Wien wurde am Mittwoch, 5. April 2023 14:54:11 (UTC+01:00) Amsterdam, Berlin, Bern, Rom, Stockholm, Wien ungelesen gelöscht.
Am 11.04.2023 habe ich Bürgermeister Jan Lindemann mit einem Offenen Brief postalisch erneut angeschrieben. Eine Antwort steht aus:
11. April 2023
Herrn Jan Lindenau Bürgermeister der Hansestadt Lübeck Breite Straße 62 / Rathaus 23552 Lübeck
OFFENER BRIEF
Geistliche Gewänder im St. Annen-Museum – Danziger Paramentenschatz
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Lindenau, am 1. April hatte ich eine E-Mail an Sie zu obiger Thematik gerichtet. Am 5. April kam die Mail zurück mit der Bemerkung gelöscht und nicht gelesen. Um gleichwohl Ihr Interesse auf die Thematik Danziger Paramentenschatz zu richten, erlaube ich mir, mich als gebürtiger Lübecker nochmals an Sie zu wenden. Mit zahlreichen Unterstützern setze ich mich auf dem Internetportal openpetition.de mit einer Petition an die Leitung der evangelischen Kirche dafür ein, daß sie ihre in dem sog. Letter of intent vom 8. Dezember 2022 (siehe Beitrag von Peter Intelmann Streit um edle Gewänder in den Lübecker Nachrichten vom 5./6. Dez. 2022) mitgeteilte Absicht, die im Lübecker St. Annen-Museum seit Jahrzehnten bewahrten und teilweise auch ausgestellten liturgischen Gewänder – den Danziger Paramentenschatz - nicht nach Polen abgibt. Die Paramente wurden vom letzten evangelischen Pfarrer an St. Marien in Danzig, Oberkonsistorialrat Dr. Gerhard Gülzow, Ende 1944 z. T. nach Lübeck gerettet. Die Petenten fordern, daß die Paramente als wertvolles deutsches Kulturgut aus dem historischen deutschen Osten im Lübecker St. Annen-Museum verbleiben. Auf der Website https://www.openpetition.de/petition/online/verbleib-des-1944-geretteten-danziger-paramentenschatzes-im- luebecker-st-annen-museum wird die Aktion beschrieben. Der gesamte Schriftwechsel mit der EKD ist veröffentlicht unter http://www.ostdeutsche-museen.de/html/paramente__marienkirche.html Bitte unterstützen Sie als Bürgermeister der Hansestadt Lübeck die Petition mit Ihrer Unterschrift. Sie können damit dazu beitragen, daß dieses einmalige deutsche Kulturgut in Lübeck verbleibt. Mit freundlichen Grüßen gez. Jürgen Martens
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Schreiben Jürgen Martens an den Leiter der Lübecker Museen, Dr. v. Stockhausen
Danziger Paramentenschatz im St. Annen-Museum
Sehr geehrter Herr v. Stockhausen, es war nicht einfach, eine Anschrift ausfindig zu machen, unter der Sie erreichbar sein könnten. Auf Ihren Namen und Ihren Aufgabenbereich machte mich Peter Intelmanns Beitrag in den Lübecker Nachrichten vom 5./6. Febr. 2023 Streit um edle Gewänder und zuletzt dessen Artikel Ein Kemmer für St. Annen (LN vom 2./3. April 2023) aufmerksam. Hinsichtlich der Paramente werden Sie zitiert mit „Wir sind nur Leihnehmer“ und haben juristisch gegenüber der EKD, die das deutsche Kulturgut Danziger Paramente nach Danzig überführen will - kein Mitspracherecht. Gleichwohl heißt es in dem Artikel, Sie seien „mit der Rückkehr [nach Danzig] grundsätzlich einverstanden“. In dem zweiten genannten Beitrag Intelmanns werden Sie zitiert „Was soll es [d. h. das Kemmer-Bild] in Los Angeles? Es hat doch hier [d. h. in Lübeck] seinen Platz“. In beiden Fällen handelt es sich um deutsches Kulturgut. Ich verstehe das Paradoxon nicht, warum Sie in dem einen Fall für die Rückgabe nach Danzig und in dem anderen Fall (richtig) für die Rückkehr nach Lübeck plädieren. Deutsches Kulturgut gehört ohne jede Einschränkung nach Deutschland. Ich bin mir sicher, daß Frau Dr. Täube sicher nicht einverstanden ist, wenn sie die Danziger aus ihrem Museum hergeben muß. Aber hat sie eine Wahl, wenn ihr Vorgesetzter mit einer Rückkehr der in ihrem Hause seit vielen Jahren sorgfältig bewahrten geistlichen Textilien grundsätzlich einverstanden ist? Zu Recht betonen Sie in dem Kemmer-Beitrag, die Lübecker Museen seien „bei Zukäufen für ihre Sammlungen auf externe Geldgeber und Gönner angewiesen. Sie selbst haben dafür seit längerem keinen eigenen Etat mehr.“ Bei den vom Bund institutionell nach § 96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) geförderten Museen, die die deutschen Siedlungsgebiete und die historischen Reichsteile östlich von Oder und Neiße repräsentieren (beispielhaft nenne ich das Ulmer Donauschwäbische Zentralmuseum oder das Westpreußische Landesmuseum in Warendorf – auf der Bundesseite war ich über viele Jahre für diese Museen zuständig), ist die Situation die gleiche, wie Sie sie für die Lübecker Museen beschreiben. Nur hier fehlen Sponsoren. Deshalb meine Bitte und zugleich Aufforderung an Sie: Setzen auch Sie sich nachdrücklich bei der EKD (Präses Kurschus) dafür ein, daß die Danziger Paramente in Lübeck verbleiben und nicht nach Danzig abgegeben werden! Freunde und ich engagieren uns nachhaltig für den Verbleib deutschen Kulturgutes hier im Lande. Deshalb haben wir u. a. eine Petition an die EKD initiiert. Sie können sie verfolgen auf dem Webportal www.openpetition.de; hilfreich wäre es für uns, würden Sie die Petition auch mit Ihrer Unterschrift unterstützen. Zusätzliche Informationen sind auf www.ostdeutsche-museen.de auf der Navigationsleiste Paramente Marienkirche abrufbar. Wir können nur hoffen, daß diese öffentliche Petition so erfolgreich verläuft wie die zwischenzeitlich beendetete Petition zum Erhalt des Lübecker Heiligen-Geist-Hospitals. Mit freundlichen Grüßen gez. Jürgen Martens
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PRESSEBERICHTE
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Am 5./6. Februar 2023 brachten die Lübecker Nachrichten in ihrer Wochenendausgabe folgenden Beitrag zum im Lübecker St. Annen-Museum bewahrten deutschen Kulturgut aus Danzig, dem Paramentenschatz aus der Danziger Marienkirche
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Beitrag in Preußische Allgemeine vom 17. März 2023 unter dem Titel:
Danziger Paramentenschatz
Schatz zu verschenken Die Evangelische Kirche möchte deutsches Kulturgut in polnische Hände geben
Der vollständige Text ist einsehbar durch Anklicken des folgenden Links: (PDF-Datei)
20230317_Danzig_Paramente_PAZ_Fedor-M-MROZEK
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Korrespondenz mit Dr. Dagmar Täube und Dr. Martin Evang ab 29.03.2023
Mail an Dr. Täube vom 29.03.2023(Martens)
Sehr geehrte, liebe Frau Täube,
um den Plan der EKD-Leitung, den Danziger Paramentenschatz nach Polen abzugeben, zu verhindern, habe ich mit anderen Unterstützern eine Petition initiiert. Unter dem Titel VERBLEIB DES 1944 GERETTETEN DANZIGER PARAMENTENSCHATZES IM LÜBECKER ST. ANNEN-MUSEUM finden Sie die Petition auf dem Webportal www.openpetition.de. Mit Ihrer Unterschrift können Sie die Petition unterstützen. Wenn die EKD zum Einlenken veranlaßt würde, wäre das auch ein großer, wertvoller Gewinn für Ihr St. Annen-Museum. Über den Link https://www.openpetition.de/petition/online/verbleib-des-1944-geretteten-danziger-paramentenschatzes-im-luebecker-st-annen-museum ist es möglich, die Petition direkt zu unterschreiben. Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Unterschrift die Absicht, daß wertvollstes deutsches Kulturgut aus den historischen Ostprovinzen in Deutschland verbleibt. Ich wäre Ihnen sehr, sehr dankbar, wenn Sie Frau Dr. Hildegard Vogeler über diese Petition informieren würden. Dafür schon jetzt einen herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen Ihr Jürgen Martens
Reaktion von Frau Dr. Täube mit VOTUM vom13.04.2023
Sehr geehrter Herr Dr. Martens, im Anhang finden Sie mein Votum zu Ihrer Petition. Mit freundlichen Grüßen Dr. Dagmar Täube
Stellungnahme zur Petition von Jürgen Martens [Votum von Dr. Dagmar Täuber, hinzugefügt J. M.]
Die Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) hat beschlossen, auf kultureller und kirchlicher Ebene ein weiteres starkes Zeichen der deutsch-polnischen Freundschaft zu setzen: Sie beabsichtigt, den Danziger Paramentenschatz, der sich seit Jahrzehnten als Dauerleihgabe der UEK im St. Annen-Museum in Lübeck befindet und dort in einer wechselnden kleinen Auswahl gezeigt wird, unter bestimmten Bedingungen an die Danziger Marienkirche zu schenken. Für diese Kirche waren die Stücke vor allem im 14. und 15. Jahrhundert von wohlhabenden Bürgern im Sinne der Jenseitsvorsorge gestiftet worden. Diese Absicht hat nach intensiven Vorgesprächen, in die auch das St. Annen-Museum Lübeck einbezogen war, in einem Letter of Intent vom 8. Dezember 2022 ihren Niederschlag gefunden. Derzeit ist die Berufung eines gemeinsamen Fachbeirates von UEK und Marienkirche Danzig in Vorbereitung, dem Expert:innen aus Deutschland und Polen angehören werden. Der Fachbeirat wird einvernehmlich mit allen beteiligten Stellen Schritte zur Übergabe definieren und deren Einhaltung überwachen. (Für Lübecker Presse: „Auch die Leiterin des St. Annen- Museums, Dr. Dagmar Täube wurde in diesen Fachbeirat berufen.“) Grundvoraussetzung ist dabei die Gewährleistung der konservatorisch sicheren Aufbewahrung und Präsentation, möglichst in einem bei der Marienkirche Danzig neu zu errichtenden Museum. Ein weiteres wichtiges Signal der kulturellen Freundschaft zwischen Deutschland und Polen wie zwischen der dortigen katholischen und der hiesigen evangelischen Kirche wird die Errichtung einer kulturellen Brücke sein, die es weiterhin ermöglicht, dass stets vier bis fünf Stücke im konservatorisch vertretbaren Wechsel im Paramentenraum des St. Annen-Museums in Lübeck zu sehen sein werden, so wie es seit 2019 dort bereits gehandhabt wird. Diese ungeschmälerte weitere ständige Präsenz des Danziger Paramentenschatzes im Lübecker St. Annen-Museum trägt der großen Bedeutung dieses Schatzes für die Lübecker und alle Vertriebenen Rechnung. Der in der Petition von Jürgen Martens erweckte Eindruck, der Danziger Paramentenschatz solle ohne jegliche Auflagen verschenkt und die Textilien sollten interimsmäßig im Danziger Nationalmuseum gezeigt werden, trifft also nicht zu. Vielmehr soll diesem großen kulturellen Schatz in europäischem und ökumenischem Horizont eine erweiterte verbindende Bedeutung beigemessen werden, wozu selbstverständlich auch die Erinnerung an die Rettung des Schatzes durch Mitglieder der evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig am Ende des Zweiten Weltkriegs gehört. Die öffentliche Präsenz von Paramenten in Lübeck wird nicht geschmälert, aber der Schatz wird zugleich an seinem Ursprungsort Danzig und für alle dortigen Besucher:innen zusätzlich gezeigt werden können. Davon wird auch ein wichtiger Anstoß für vertiefte wissenschaftliche Erforschung des Schatzes in deutsch-polnischer Kooperation ausgehen. Dies ist ganz im Sinne des St. Annen-Museums.
Kommentar zum Votum von Frau Dr. Täube (Martens v. 03.05.2023)
Kommentar zur Stellungnahme von Dr. Dagmar Täube zur Petition
Hatte man bei der Eröffnung der zweiten Paramentenausstellung am 19. Januar 2019 im Lübecker St. Annen-Museum den Eindruck, die Museumsleiterin Dr. Dagmar Täube sei engagiert und erfreut, die einmaligen geistlichen Textilien aus der Danziger Marienkirche präsentieren zu können, so verflüchtigt sich dieser Eindruck rasch beim Lesen ihrer Stellungnahme zur Petition Verbleib des 1944 geretteten Paramentenschatzes im Lübecker St. Annen-Museum. Sie treibt den Lesern ihres Textes die Zornesröte in die Stirn wegen des hier offenbar werdenden nonchalanten Umgangs mit deutschem, aus dem Osten gerettetem Kulturgut. Ihr Votum ist weitgehend nichtssagend, denn es paraphrasiert nur bekannte Antworten Dr. Evangs (EKD) auf Eingaben an die Evangelische Kirchenleitung. Einige Aspekte Dr. Täubes sind allerdings neu und überraschen: So soll ein Fachbeirat zur Überwachung der Schritte zur Übergabe und deren Einhaltung berufen werden. Grundvoraussetzung ist dabei die Gewährleistung der konservatorisch sicheren Aufbewahrung und Präsentation, möglichst in einem bei der Marienkirche Danzig neu zu errichtenden Museum [Hervorhebung J. M.]. Ständig sollen weiterhin 4 bis 5 Teile aus dem Paramentenschatz nach dessen Abgabe nach Danzig im St. Annen-Museum präsent bleiben. Unerfindlich bleibt, weshalb diese Aspekte in den zahlreichen Antwortwortbriefen der EKD nicht erwähnt wurden. Der Danziger Paramentenschatz, der von 1964 bis 1990 im Westwerk der Lübecker Marienkirche der Öffentlichkeit zugänglich war, wurde aus konservatorischen Überlegungen in das St. Annen-Museum überführt und ab 1990 in einer eigens dafür geschaffenen Klimakammer absolut textilschonend präsentiert. Es hatte sich erwiesen, daß die klimatischen Bedingungen in der Marienkirche zur Zerstörung der wertvollen Textilien führen würden. Eine vergleichbare Situation herrscht in der Danziger Marienkirche. Eine Präsentation der einmaligen Textilien in dieser Kirche wäre genauso abwegig wie seinerzeit ihr Zeigen in der Lübecker Marienkirche. Deshalb wurde eine Unterbringung im Danziger Nationalmuseum vermutet. Erst Dr. Täube brachte die Errichtung eines neuen Museums nahe der Marienkirche zur Unterbringung des Paramentenschatzes ins Spiel. Vor diesem neuen Aspekt trifft meine Annahme, die Lübecker Paramente könnten im Danziger Nationalmuseum ihren Platz finden, nicht zu. Zur Erinnerung: In diesem Museum befinden sich bereits 186 Teile des von Pastor Dr. Gülzow in den Westen geretteten Paramentenschatzes. Festzustellen ist, daß eine Unterbringung des Lübecker Teils der Paramente im Danziger Nationalmuseum nicht präferiert wird und die Möglichkeit einer Präsentation in einem kirchlichen Museum erst geschaffen werden muß. Den Unterstützern der Petition und mir erschließt sich deshalb nicht, warum es die EKD nicht bei dem bewährten status quo beläßt und dieses einmalige deutsche Kulturerbe im St. Annen-Museum verbleibt. Erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang, daß der damalige Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm mit Schreiben vom 6. November 2018 mir über OKR Dr. Philipps mitteilen ließ, eine Rückführung des Lübecker Teils der Paramente nach Polen sei nicht vorgesehen. Von einem Verschenken des Paramentenschatzes nach Danzig ohne jegliche Auflagen habe ich im Gegensatz zur Behauptung Dr. Täubes nicht gesprochen. Stattdessen habe ich die Begrifflichkeit Bedingungen verwendet. Und Bedingen, die sich aus der Vereinbarung der EKD vom 08.01.2023 sinnvoll ergeben könnten, sehe ich nach wie vor nicht. Einige wichtige Fragen werden in dem Votum nicht berührt, die Verantwortlichen in der EKD müßten sie jedoch vorab klären, bevor ihr Letter of Intent in einen formalen Schenkungsvertrag einfließen sollte:
- Ein Museumsleiter oder eine Museumsleiterin müßten vehement widersprechen, wenn ungerechtfertigt Exponate aus seinem/ihrem Museum abgegeben werden müssen, zumal auftretende Lücken im Museumsbestand wegen fehlender Ankaufsmittel nicht zu ersetzen sind.
Im Lübecker Fall will die EKD in beschämender Weise mit dem Paramentenschatz deutsches Kulturgut aus den historischen deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße verschenken. Diese geistlichen Textilien wurden von deutschen Kaufleuten und Bürgern der Danziger Rechtsstadt, zu deren herausragenden Baudenkmälern neben der Marienkirche das rechtsstädtische Rathaus, der Artushof sowie das Uphagenhaus gehören, im Mittelalter erworben, genutzt, geschützt und schließlich Ende 1944 vor der nahenden Roten Armee gerettet. Wie die künftige Lücke im Bestand des St. Annen-Museums kompensiert werden kann, darüber schweigt sich das Votum von Dr. Täube aus.
- Pastor Dr. Gülzow gelang es, zusammen mit treuen evangelischen Gemeindemitgliedern rd. 289 Teile der Paramente in den Westen zu retten. Die damalige DDR-Regierung übergab 1961 aus diesem Fundus 186 Teile an Polen. Sie befinden sich seither im Danziger Nationalmuseum und nicht in der Danziger Marienkirche – wie man vermuten könnte. Bereits heute besitzt Danzig den größeren Teil des Paramentenschatzes. Deshalb ist die Frage berechtigt, warum auch der Lübecker Teil des wertvollen deutschen Kulturgutes von der EKD nach Danzig verschenkt werden soll.
- § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) formuliert nachstehende Verpflichtung: Bund und Länder haben entsprechend ihrer durch das Grundgesetz gegebenen Zuständigkeit das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, Archive, Museen und Bibliotheken zu sichern, zu ergänzen und auszuwerten sowie Einrichtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu fördern.
Die Vereinbarkeit des in der Absichtserklärung angekündigten Verschenkens von deutschem Kulturgut mit dem zitierten Gesetzesauftrag nach § 96 BVFG – er gilt analog auch für das treuhänderische Eigentum, das der UEK als Rechtsnachfolgerin der untergegangenen evangelischen Gemeinden in den historischen deutschen Ostprovinzen einschließlich Westpreußens mit Danzig zugeflossen ist, wurde nicht geprüft. Die Weggabe der noch in Deutschland befindlichen Teile der Danziger Paramentenschatzes widerspricht der geltenden Rechtslage und darf nicht erfolgen.
Auf diesen Kommentar zum Votum von Frau Dr. Täube reagierte Dr. Martin Evang mit Mail vom 03.05.2023
Cc an Dr. Täube, Dr. v. Stockhausen, Arndt Brückner, Monika Frank, Kämpfert, Hanke
Sehr geehrter Herr Dr. Martens,
zu Ihrem Kommentar zum Votum von Frau Dr. Täube erlaube ich mir, Passagen meines erläuternden Schreibens in Erinnerung zu rufen, das ich Ihnen und einigen anderen, die zu dem Vorhabens der UEK kritische Fragen gestellt haben, am 24.01.2023 geschickt habe: Der „Letter of Intent“ dokumentiere „die beiderseitige Absicht, (1) dass die im Eigentum der UEK befindlichen Stücke des Danziger Paramentenschatzes in absehbarer Zeit durch einen Schenkungsvertrag in das Eigentum der Marienkirche Danzig übertragen werden und dorthin zurückkehren sollen, (2) dass die Marienkirche Danzig Voraussetzungen für eine konservatorisch sachgerechte Aufbewahrung und Ausstellung der Paramente schafft, (3) dass in Lübeck und ggfs. auch in Nürnberg auch künftig einzelne Paramente des Danziger Paramentenschatzes ausgestellt werden und (4) dass ein Fachbeirat, in dem beide Seiten vertreten sind, die Umsetzung des Vorhabens begleitet.“ Und weiter: „Der Letter of Intent schließt mit den Worten: ‚Die UEK und die Marienkirche Gdańsk betrachten die erfolgte Rückkehr des Dreifaltigkeitsaltars und die beabsichtigte Rückkehr der Paramente zur Marienkirche Gdańsk und ebenso die dauerhafte Präsenz einzelner Danziger Paramente in Lübeck (und Nürnberg) als Ausdruck ökumenischer Verbundenheit zwischen evangelischer und römisch-katholischer Kirche, als Ausdruck der Versöhnung zwischen Deutschland und Polen und als Ausdruck der besonderen Verbundenheit der Städte Lübeck und Gdańsk.‘ … Die dauerhafte Ausstellung von einzelnen Danziger Paramenten in Lübeck wahrt den jetzigen Status. Sie soll dazu beitragen, die Erinnerung an die entsagungsvolle Rettung der Danziger Paramente durch Mitglieder der evangelischen Marienkirchengemeinde zu bewahren und die zwischen Lübeck und Danzig bestehende kulturelle Brücke zu stärken.“ Ergänzend zu meinem damaligen Schreiben hebe ich hervor: Die UEK betrachtet Danzig, heute und künftig eine Stadt in Polen, einem mit Deutschland in der Europäischen Union verbundenen Staat, und die Marienkirche Danzig, heute und künftig eine römisch-katholische, mit der evangelischen Kirche ökumenisch verbundene Kirche, als historischen Ort und als kulturelle Heimat des Danziger Paramentenschatzes. Deshalb setzt sich die UEK dafür ein, dass der gesamte erhaltene Bestand des Danziger Paramentenschatzes in einer bei der Marienkirche Danzig zu errichtenden Stätte zusammengeführt, konservatorisch adäquat aufbewahrt, ausgestellt und weiter erforscht wird – als ein allen zugängliches kulturelles Erbe der christlichen Kirche im mittelalterlichen Ostseeraum und unter gebührender Erinnerung an die, die den Schatz (nicht, wie Sie schreiben, „aus dem Osten“, sondern) vor Verlust und Zerstörung gegen Ende des 2. Weltkrieges gerettet und für seine Bewahrung bis heute Sorge getragen haben. Mit Frau Dr. Täube ist die UEK im Gespräch darüber, dass in absehbarer Zeit in Lübeck zu einer Veranstaltung eingeladen wird, bei der zum Danziger Paramentenschatz berichtet und das Vorhaben der UEK näher erläutert und kritisch diskutiert werden kann. Ich schließe mit dem Wunsch und mit der Bitte, die ich auch schon am 24. Januar 2023 geäußert habe: „Ich hoffe, dass ich mit diesen Ausführungen das Vorhaben näher erläutern konnte, und bitte Sie herzlich, es verständnisvoll zu respektieren.“
Mit freundlichen Grüßen, auch an alle Mitlesenden, - im Auftrag - Martin Evang
Auf dieses Schreiben erging folgende Antwort vom 09.05.2023 (Martens)
Sehr geehrter Herr Dr. Evang,
auf meinen Kommentar zu Frau Dr. Täubes Votum haben Sie mit Ihrer Mail vom 3. Mai 2023 ausführlich geantwortet. Dafür danke ich Ihnen sehr. Detailliert erläutern Sie den Letter of Intent der EKD, ohne daß bestehende Fragen eine Klärung erfahren. Aus der bisherigen Korrespondenz mit der EKD habe ich nicht den Eindruck gewonnen, als bestünde eine vertiefte Kenntnis der mittelalterlichen deutschen Ostsiedlung. Das gilt insbesondere auch für die Gründung der deutschen Rechtsstadt Danzig mit ihren deutschen Kaufleuten, Handwerkern und Bürgern im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts neben der seit etwa dem 9. Jahrhundert bestehenden slawischen Grod- und Burgsiedlung. Daher möchte ich die Lektüre des immer noch aktuellen wissenschaftlichen Werkes Die Anfänge des Klosters Oliva und die Entstehung der deutschen Stadt Danzig, Stuttgart 1982 (Klett-Cotta), von Heinz Lingenberg empfehlen. Ihr erneuter Hinweis auf die Abgabe des Dreifaltigkeitsaltars an die Danziger Marienkirche und die Verzahnung mit der beabsichtigte[n] Rückkehr der Paramente zur Marienkirche Gdańsk kann Freunde und einstige deutsche Bewohner und zudem evangelische Gläubige Danzigs nicht überzeugen. Wichtig wäre, über eine Aufstellung zu erfahren, was die EKU/EKD zu verschenken beabsichtigt. Birgitt Borkopp-Restle listet in ihrem Katalogband Der Schatz der Marienkirche zu Danzig,der anläßlich der zweiten Paramentenausstellung 2019 im Lübecker St. Annen-Museum erschien, mit den Inventarnummern M 1 bis M 394 und darüber hinaus mit den Inventarnummern NF 11 (Sargdecke) und NF 13 (Gewirkte Bordüre mit Inschrift) offenbar den Gesamtbestand des in Rede stehenden Danziger Paramentenschatzes auf. 98 textile Kleinodien werden im St. Annen-Museum bewahrt und gezeigt. Drei Teile aus dem Paramentenschatz sollen sich im Germanischen Nationalmuseum befinden (M 43, M 84 und M 90). Folgt man wiederum der von Frau Borkopp- Restle vorgenommenen Numerierung, ergäbe sich ein Fehl von 274 Teilen. Nach Albrecht Philipps (Zur Geschichte des Danziger Paramentenschatzes in Birgitt Borkopp-Restles genannten Katalogband) übergab die DDR-Regierung 1961 von den gesamten durch St. Marienpastor Dr. Gerhard Gülzow geretteten Danziger Paramenten 59 Meßgewänder mit einer großen Anzahl dazugehörender Stolen und Manipeln, weitere 63 Altardecken, Antependien sowie 4 gestickte Leinentücher an Polen. Insgesamt erhielt Polen nach Albrecht Philipps 183 Paramententeile, die seither im Danziger Nationalmuseum ausgestellt und konservatorisch betreut werden. Die Probleme, die sich daraus für den Staat Polen und dem Erzbistum Danzig ergeben können, sollen hier nicht berührt werden.
Die Frage muß erlaubt sein, ob die 3 genannten Paramententeile des Germanischen Nationalmuseums dem Danziger Paramentenschatz überhaupt zuzurechnen sind oder ob sie nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt von dem Nürnberger Museum erworben wurden. Dann dürfen sie nicht verschenkt werden! Mir erschließt sich nach wie vor nicht, warum die UEK/EKD auch noch den (kleineren) Teil des im St. Annen- Museum verbliebenen Paramentenschatzes weggeben will. Die Paramente wurden überwiegend im 13. und 14. Jahrhundert von den deutschen Bewohnern der Rechtsstadt Danzig für ihre Marienkirche gestiftet. Es waren dann die evangelischen Gläubigen, die nach der Reformation 1525 bis zum Untergang Danzigs 1944/45 die Paramente bewahrten, pflegten und schließlich retteten. Was hat der ökumenische Gedanke, den Sie beschwören, mit dem Verschenken dieses unermeßlich wertvollen deutschen Kulturgutes zu tun? Hans-Jürgen Kämpfert, ein intimer Kenner des Danziger Paramentenschatzes, spricht von einem millionenschweren Geschenk an die polnische Kirche. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt bei der geplanten Schenkungsaktion seitens der Oberen der EKD! Bei meinen zahlreichen Besuchen in Ost- und Westpreußen – auch Danzig zählt dazu – habe ich nie einen Kirchenoberen in Gottesdiensten und bei der Betreuung der wenigen, im heutigen Polen zurückgebliebenen deutschen evangelischen Christen erleben dürfen. Es waren immer Gemeindepfarrer aus der Bundesrepublik, die vor Ort auf eigene Kosten die seelsorgerische Betreuung vornahmen. Und diese Betreuung war für die winzig kleinen deutschen Gemeinden im heutigen Polen immer ein Gewinn. Sie merken an, daß der gesamte erhaltene Bestand des Danziger Paramentenschatzes in einer bei der Marienkirche Danzig zu errichtenden Stätte zusammengeführt, konservatorisch adäquat aufbewahrt, ausgestellt und weiter erforscht werden solle. Wie darf man das verstehen? Wird die UEK/EKD die damit entstehenden Kosten übernehmen? Denn es ist nicht vorstellbar, daß der polnische Staat die dann entstehende Konkurrenzsituation zwischen Nationalmuseum Danzig und Erzbistum Gdańsk/Danzig goutieren wird.
Sie zitieren mich mit „aus dem Osten“. Wenn schon ein Zitat, dann bitte korrekt! Formuliert hatte ich: „Im Lübecker Fall will die EKD in beschämender Weise mit dem Paramentenschatz deutsches Kulturgut aus dem historischen deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße verschenken.“ Auch wenn das deutsche Kulturschutzgesetz eine Abgabevon wertvollem, deutschem Kulturgut ins Ausland verhindern kann, besteht ein staatliches Einwirken bei als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften (leider) nicht. Sollte die UEK/EKD (wider Erwarten) die in ihrem treuhänderischen Eigentum befindlichen Danziger Paramente in Lübeck und möglicherweise in Nürnberg vor den immer wieder von Polen unrechtmäßig erhobenen Rückgabeforderungen schützen wollen, könnte sie auf § 9, Abs.1 Kulturschutzgesetz (KGSG) zurückgreifen und den Danziger Paramentenschatz als national wertvolles Kulturgut in ein entsprechendes Verzeichnis eintragen lassen. Das Verbringen aus Deutschland ins Ausland wäre dann ausgeschlossen. Lassen Sie mich einen letzten Aspekt ansprechen: Sie betonen, die UEK sei mit Frau Dr. Täube im Gespräch darüber, dass in absehbarer Zeit in Lübeck zu einer Veranstaltung eingeladen wird, bei der zum Danziger Paramentenschatz berichtet und das Vorhaben der UEK näher erläutert und kritisch diskutiert werden kann.Sind Sie davon überzeugt, daß Frau Dr. Täube nach der in ihrem Votum formulierten Haltung die richtige Ansprechpartnerin für eine derartige Veranstaltung ist? Sollten Sie nicht eher Ihrem in den Lübecker Nachrichten vom 5./6. Februar 2023 geäußerten Gedanken folgen und Marienpastor Robert Pfeiffer zu einem Treffen mit den Kritikern Ihres Letter of Intent einladen lassen? Leider blieb meine Nachfrage bei Pastor Pfeiffer bisher ergebnislos. Ich bin sehr enttäuscht von meiner evangelischen Kirche hinsichtlich ihres unverantwortlichen Umgangs mit national wertvollem Kulturgut aus den historischen deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße. Eigentlich dürfte man dieser Kirche nicht mehr angehören!
Gleichwohl verbleibe ich mit freundlichen Grüßen Jürgen Martens
Mail Dr. Evang v. 19.05.2023
Sehr geehrter Herr Dr. Martens, hiermit gebe ich Ihnen das Schreiben von Bischöfin Bosse-Huber an den Bund der Vertriebenen zur Kenntnis. Gern können wir am nächsten Dienstag telefonieren; da ist mein Kalender noch ziemlich blank. Rufen Sie mich an? – am besten gleich unter der u.a. Handy-Nr. Herzliche Grüße Martin Evang
Von: Jürgen Martens <dr.juergen-martens@t-online.de> Gesendet: Mittwoch, 17. Mai 2023 14:49 An: Evang, Martin <Martin.Evang@ekd.de> Betreff: AW: Danziger Paramentenschatz im Lübecker St. Annen-Museum
Sehr geehrter Herr Dr. Evang, vielen Dank für Ihre freundliche Nachricht und im voraus Dank, daß Sie mir das Schreiben Frau Bischöfin Bosse- Huber [Link anklicken zum Schreiben von Bischöfin Bosse-Huber] zur Kenntnis geben möchten. Das Ferngespräch mit Ihnen freue ich mich. Herzlichen Gruß nach Hannover Jürgen Martens
Von: Evang, Martin <Martin.Evang@ekd.de> Gesendet: Dienstag, 16. Mai 2023 22:19 An: Jürgen Martens <dr.juergen-martens@t-online.de> Betreff: AW: Danziger Paramentenschatz im Lübecker St. Annen-Museum
Sehr geehrter Herr Dr. Martens, vielen Dank für Ihre Mail und Ihre Anregung zu telefonieren. Ein Telefonat möchte ich gern für die nächste Woche vorsehen. Gegen Ende dieser Woche möchte ich Ihnen zuvor das Schreiben zur Kenntnis geben, das Bischöfin Bosse-Huber an den Bund der Vertriebenen gerichtet hat. Auf ein (offenbar in gewissen Abständen stattfindendes) Gespräch zwischen Vertretern des BdV und der Leitung des Kirchenamtes der EKD hin, das Ende April stattgefunden hat, hatte der Präsident des Kirchenamtes den Amtsbereich der UEK gebeten, das Vorhaben „Danziger Paramentenschatz“ gegenüber dem BdV zu erläutern. Dies ist nun geschehen, und zu einem Zeitpunkt, zu dem das Schreiben dort eingegangen ist, möchte ich es Ihnen ebenfalls zuleiten. Das wäre dann, denke ich, eine gute Gesprächsgrundlage. In der Hoffnung auf Ihre Zustimmung grüße ich Sie herzlich, Ihr Martin Evang
Von: Jürgen Martens <dr.juergen-martens@t-online.de> Gesendet: Sonntag, 14. Mai 2023 18:52 An: Evang, Martin <Martin.Evang@ekd.de> Betreff: AW: Danziger Paramentenschatz im Lübecker St. Annen-Museum
Sehr geehrter Herr Dr. Evang, vielen Dank für Ihre Rückäußerung. Sie sind dankenswerterweise der Einzige, der auf meine kritische Haltung überhaupt eingeht. Dennoch bin ich der Auffassung, daß wir keine weiteren Schreiben austauschen sollten. Es würde wahrscheinlich nur dazu führen, daß wir Argumente wiederholen. Für vielversprechender hielte ich ein Telefonat, in dem wir uns unvoreingenommen austauschen könnten. Sollten Sie meiner Anregung folgen wollen, erwarte ich in der kommenden Woche gern Ihren Anruf. Mit freundlichen Grüßen Jürgen Martens
Zur Vorbereitung des Telefonats übersandte Dr. Evang am 19.05.2023 nachstehende Punktation:
Sehr geehrter Herr Dr. Martens, zur Vorbereitung unseres Telefonats am Dienstag habe ich noch einmal die wesentlichen Einschätzungen und Motive zusammengestellt und verdeutlicht, die für das Vorhaben der Union Evangelischer Kirchen maßgeblich sind. Ergibt sich die „Enttäuschung“, mit der Sie das Schreiben von Bischöfin Bosse-Huber an den BdV gelesen haben, vielleicht daraus, dass hier zwei fundamental unterschiedliche Sichtweisen vorliegen – mit der Folge, dass die Argumente, die in der einen Sichtweise Plausibilität und Gewicht haben, in der anderen ohne großen Belang sind? Ich freue mich, wenn Sie meine Ausführungen wohlwollend lesen, und wäre froh, wenn sie dazu beitrügen, dass Sie dem Vorhaben der UEK, auch wenn Sie es weiterhin nicht gutheißen mögen, doch Ihren Respekt nicht versagen. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Evang
- Die Initiative zu dem Projekt ging nicht vom polnischen Staat, sondern allein von der Union Evangelischer Kirchen (UEK) aus. Für die UEK kommt wie beim Dreifaltigkeitsaltar der Georgsbruderschaft ausschließlich die Kirche, also die Marienkirche und das Erzbistum Danzig, und nicht der polnische Staat als Partner in Betracht. Gleichwohl ist vor der Rückkehr des Dreifaltigkeitsaltars in die Marienkirche Danzig die Zustimmung zuständiger Stellen der deutschen Bundesregierung eingeholt worden und haben an den aus diesem Anlass stattfindenden Feierlichkeiten auch Vertreterinnen und Vertreter der deutschen und der polnischen Politik teilgenommen. Sodann zählt der „Letter of Intent“ zum Danziger Paramentenschatz zu den Aufgaben des gemeinsamen Fachbeirats ausdrücklich die Klärung politischer Fragen, die sich zu diesem Vorhaben stellen.
- Wie es beim Dreifaltigkeitsaltar der Fall war, sollen die Paramente in das Eigentum der Marienkirche Danzig übertragen werden, und zwar durch den Abschluss eines Schenkungsvertrages. Der entscheidende Punkt ist hier, dass die Empfängerin durch den Empfang einer Schenkung die vormalige Eigentümerstellung der UEK vorbehaltlos anerkennt. Die Empfängerin der Schenkung kann und muss keine Gegenleistungen erbringen. Allerdings wird die Schenkung an die Voraussetzung geknüpft sein, dass die Paramente in Danzig konservatorisch adäquat aufbewahrt und präsentiert werden.
- Wie beim Dreifaltigkeitsaltar ist bei den Paramenten nicht von einer Rückgabe, Rückführung oder Restitution die Rede, sondern von ihrer Rückkehr oder auch Heimkehr zur Marienkirche Danzig. Diese Sprachregelung hält den Gedanken fern, als seien die Paramente irgendwie unrechtmäßig von Danzig nach Lübeck und Nürnberg und ins Eigentum der UEK gelangt oder als würden sie auf irgendeine Forderung hin zurückerstattet. Sie stellt den Gedanken in den Mittelpunkt, dass die Paramente als historische Objekte und als kulturelles Erbe untrennbar mit der Marienkirche Danzig verbunden sind und zu ihr gehören.
- Der Dreifaltigkeitsaltar ist in die Marienkirche Danzig zurückgekehrt, die Paramente sollen zu ihr zurückkehren. Für ihre konservatorisch optimale Aufbewahrung und Ausstellung kommt die Marienkirche selbst als Gebäude nicht in Betracht. Vielmehr soll ein Museum bei der Marienkirche errichtet werden, das für die Erhaltung, weitere Erforschung und Präsentation der Paramente optimale Bedingungen bietet.
- Die Rückkehr der derzeit in Deutschland aufbewahrten Danziger Paramente erfolgt in der Perspektive, dass der gesamte Danziger Paramentenschatz, der 1944 auf Initiative von Oberkonsistorialrat Pfarrer Dr. Gerhard Gülzow durch Mitglieder der deutschen evangelischen Marienkirchengemeinde Danzig vor Verlust und Zerstörung gerettet worden ist und deshalb überhaupt noch existiert, wieder bei der Marienkirche Danzig zusammengeführt wird, also einschließlich der derzeit im Nationalmuseum Danzig aufbewahrten Teile. Hierfür kann die UEK Impulse geben und Unterstützung leisten; die Konkretisierung dieser Perspektive liegt bei den Danziger Partnern.
- Zur Bewahrung der Erinnerung an die geschilderte Rettung der Paramente und als weitere kulturelle Brücke zwischen Polen und Deutschland sollen im St. Annen-Museum in Lübeck und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg weiterhin und dauerhaft einzelne Danziger Paramente ausgestellt werden.
- Die Begegnungen zwischen Vertretern der UEK und Vertretern des Erzbistums und der Marienkirche Danzig sowohl auf der Leitungs- als auch auf der Arbeitsebene wie auch in der Feier von Gottesdiensten haben die Einsicht reifen lassen, dass die Marienkirche Danzig auf herausragende Weise die geschichtliche Verbundenheit von Deutschen und Polen sowie zwischen römisch-katholischer und evangelischer Kirche symbolisiert, und zu dem beiderseitigen Entschluss geführt, wie schon zum Dreifaltigkeitsaltar nun auch zu den Danziger Paramenten eine gemeinsame Narration geschichtlicher Verbundenheit und gemeinsamer Zukunftsverantwortung zu entwickeln, wie sie den Prinzipien sowohl der Europäischen Union als auch der christlichen Ökumene entspricht.
- Den Partnern ist bewusst, dass eine solche Narration der Versöhnung sowohl in Deutschland als auch in Polen ernsten, aus den geschichtlichen Belastungen zwischen beiden Ländern und Konfessionen verständlichen Vorbehalten begegnet. Sie fühlen sich verpflichtet, diesen Vorbehalten mit Respekt zu begegnen und gleichwohl für die gemeinsam gewonnene Einsicht zu werben.
Das Telefonat fand am 23.05.2023 statt. Das Gesprächsergebnis erhielt Dr. Evang zur Kenntnis. Er sandte es mit einigen Anmerkungen versehen zurück.
Telefonat mit OKR Dr. Martin Evang am 23.05.2023 von 16.30 -17.15 Uhr
Fazit:
- Das Gespräch fand in freundlicher Atmosphäre statt. Grundlage bildete die Punktation mit 8 Punkten entsprechend der Mail von Dr. E. vom 21.05.2023
- Festzuhalten ist, daß ein Dissens zwischen den Gesprächsteilnehmern weiterhin besteht und nicht ausgeräumt werden konnte. Dr. E. formulierte nochmals, daß die Initiative zu der Schenkungsabsicht der UEK/EKD von der deutschen Seite mit dem Ziel ausging, die ökumenische Zusammenarbeit zu stärken. Ich verwies darauf, daß diese Zusammenarbeit in der seelsorgerischen Betreuung der in Polen verbliebenen deutsch-evangelischen Christen seitens der EKD-Spitze nirgends sichtbar wird und wurde (Beispiele Masuren und in der Vergangenheit Siebenbürgen). Dies wurde nicht entkräftet, verwiesen wurde jedoch auf die Tätigkeit evangelischer Hilfsorganisationen. Da die Informationen vor Ort jedoch nicht hinreichen, können Hilfen kaum in Anspruch genommen werden.
- Dr. E. wies auf ein Begrüßungsstatement von Frau Präses Kurschus bei einem Besuch der Leitung des Eb Danzig hin. Sie habe eindrucksvoll das Vertreibungsschicksal ihres Vaters, eines gebürtigen Königsbergers, angesprochen. Folgerungen zog sie jedoch nicht daraus.
- Punkt 4 der Punktation nutzt den Begriff Rückkehr oder Heimkehr der Paramente zur Marienkirche Danzig. Diese Sprachregelegung hält den Gedanken fern, als seien die Paramente irgendwie unrechtsmäßig von Danzig nach Lübeck und Nürnberg und ins Eigentum der UEK gelangt […]. Für den Fall einer Neufassung der Punktation und Weitergabe an Dritte bat ich Dr. E. dringend, auf diesen Unrechtspassus in jedem Fall zu verzichten. Denn in der Rettungsaktion der Paramente durch Pastor Dr. Gülzow ist keine Unrechtsmäßigkeit zu erkennen. Vielmehr hat seine Großtat zum Erhalt und der Bewahrung von deutschem Kulturgut geführt. Dr. E. wird dieser Bitte entsprechen und mir seine Neufassung zur Kenntnis geben, bevor sie weitergeleitet wird.
- Ich erläuterte nochmals die Bedeutung der Bewahrung deutschen Kulturgutes in Deutschland. Zur Sprache kamen die deutsche Rechtsstadt Danzig, dem Wirken deutscher Kaufleute, Handwerker und Bürger, losgelöst von der slawischen Grod- und Burgsiedlung. Es waren Deutsche, die u. a. die Danziger Paramente schufen; es gibt keinen Grund, auch die Lübecker (und Nürnberger) Paramente an Polen zu verschenken, zumal sich bereits 186 Paramententeile aus der Rettungsaktion von Dr. Gülzow im Danziger Nationalmuseum befinden. Dr. E. konnte dies nicht entkräften, für ihn ist der ökumenische Aspekt maßgebend. Er machte allerdings auch deutlich, daß das katholische Erzbistum bei einer künftigen Präsentation der Lübecker Paramententeile auf die deutsche Herkunft und damit Geschichte der geistlichen Textilien sowie auf die deutsche evangelische Tradition Danzigs und seiner Marienkirche verweisen wird. Ich bezweifelte die Absicht grundsätzlich und machte dabei auch auf die deutsche Außenstelle des Westpreußischen Landesmuseums in Krockow aufmerksam, die vor dem Scheitern steht. Verantwortlich dafür ist sowohl die deutsche als auch die polnische Seite.
- Ich sprach die in den LN vom 5./6.12.2022 vermittelte Absicht des Lübecker Marienpastors Pfeiffer an, ein Treffen mit den Kritikern der Schenkungsabsicht der UEK/EKD zu organisieren. Die Reaktion von Dr. E. war sehr zurückhaltend. Ich schloß daraus, daß eine solche Begegnung in der Verantwortlichkeit von Pastor Pfeiffer nicht erfolgen wird. Dr. E. deutete jedoch an, daß es zu einer Begegnung von Kritikern und Befürwortern auf einer anderen Ebene kommen werde.
- Die Stellungnahme des für die Lübecker Museen verantwortlichen Dr. Tilmann v. Stockhausen, er sei grundsätzlich mit der Schenkungsaktion einverstanden, fand nach meiner Einschätzung nicht die ungeteilte Billigung durch Dr. E.
- Ich sprach die Möglichkeit eines Kompromisses an. Danach sollten die in Nürnberg befindlichen Paramente dort verbleiben. Sie sind integraler Bestandteil einer textilen Sammlung; außerdem ist das Germanische Nationalmuseum ein Hort deutschen Kulturgutes aller deutschen Regionen. Das deutsche Kulturgut aus Danzig dürfe aus der musealen Präsentation nicht entfernt werden. Darüber hinaus sollte mindestens die Hälfte der Lübecker Paramente im Eigentum der UEK/EKD verbleiben und dauerhaft im St. Annen-Museum gehütet/betreut und für die Öffentlichkeit präsentiert werden. Die anderen Teile des Paramentenschatzes könnten dann aus ökumenischen Erwägungen an die Danziger Marienkirche als Ursprungsort geschenkt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch die noch zu schaffende räumliche Unterbringungsmöglichkeit bei der Danziger Marienkirche und damit auch eine sichere konservatorische Betreuung. Solange dies nicht gewährleistet ist, verbietet sich die Schenkungsaktion. Dr. E. sagte zu, diese und andere Erwägungen in die weiteren Erörterungen der EKD-Leitung einzubringen.
- Mein Gesamteindruck des Gesprächs mit Dr. E. ist, daß der Paramentenschatz des Lübecker St. Annen- Museums trotz aller Bemühungen der Kritiker der Aktion im Laufe der kommenden Jahre nach Danzig verschenkt wird
gez. Jürgen Martens
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Mail von Gabriele Schwarzevom 28.05.2023 an Dr. Evang
Sehr geehrter Herr Dr.Evang, vielen Dank für Ihre spontane Antwort. Das Problem vieler Deutscher sowie auch der EKD scheint mir folgendes zu sein: 1.) Aus Pietät gegenüber Opfern des Nationalsozialismus hinterfragen sie die polnischen Darstellungen nie 2.) Aufgrund der unterschiedlichen deutschen und polnischen Mentalität ist es außerhalb ihrer Vorstellungskraft, wie massiv von polnischer Seite aus Zahlen und geschichtliches Geschehen selektiert und "geklittert" wird. Sie wollen einfach nicht erkennen, dass selbst scheinbar versöhnlich klingende polnische Meinungsäußerungen stets durch absichtlich eingeflochtene Zahlenverhältnisse oder weggelassene Tatsachen manipulierend sind. Die deutsche Schuldnerposition verändert sich grundlegend, wenn man erkennt, dass Ost- und Westpreußen, Pommern sowieso Schlesien in Wirklichkeit das Kainsmal auf Polens Stirn sind. Viele Jahrhunderte der Geschichte legen ausführlich Zeugnis über dieses polnische Wirken ab. Polen hatte als Agressor und Militärmacht der Region tatsächlich vielfach über fremde Völker und deren Gebiete geherrscht. Heutezutage wird dieser Umstand oft bewusst verschwiegen und mit der Unwissenheit der Leute gespielt, die nicht wissen, dass polnisches Herrschaftsgebiet nicht gleichbedeutend mit polnischem Bevölkerungsgebiet war. Daher auch die Mär vom angeblichen Ostpolen, das in Wahrheit litauisches und ukrainische Bevölkerungsgebiet war. Auch Westpreußen geriet fataler Weise unter polnische Herrschaft, als es sich Eigenständigkeit vom Deutschen Orden erkämpfte und dann den Schutz der polnischen Krone suchte. Entgegen der vertraglich vereinbarten Sonderstellung mit eigener Verwaltung und eigenem Amtssiegel wurde Polen 1569 vertragsbrüchig und versuchte Westpreußen auf dem polnischen Reichstag von Lublin trotz seines Protestes gewaltsam zu einem Bestandteil des polnischen Staates zu erklären. Das sogenannte Lubliner Dekret wurde dann letzlich nur teilweise durchgesetzt. Thorn, Elbing und Danzig verteidigten erfolgreich ihre Selbständigkeit. Auf dem Lande und in den kleineren Städten blieb das preußisch-deutsche Stammesbewusstsein ebenfalls lebendig. Die Bevölkerungsmehrheit Westpreußens blieb auch in den folgenden zwei Jahrhunderten polnischer Herrschaft eindeutig deutsch. Die Einheit des Preußenlandes wurde erst 1772 unter Friedrich dem Großen wieder hergestellt. Westpreußen erlebt daraufhin erneut eine große Blütezeit. Das unkluge Diktat von Versaille zerriss 1920 abermals das Preußenland und sprach den größten Teil Westpreußens - den sogenannten polnischen Korridor (zum Meer) - ohne Befragung der Bevölkerung dem polnischen Staat zu. Nur die Bewohner vier östlicher Kreise Westpreußens durften am 11. Juli 1920 unter internationaler Aufsicht über ihre staatliche Zugehörigkeit abstimmen (92,3 % stimmten für den Verbleib im Verband des Deutschen Reiches). Danzig wurde "Freie Stadt" außerhalb Polens und des Deutschen Reiches. Allerdings mit weitreichenden Zugeständnissen bzgl.Polens Ausbau eines Militärstützpunktes und auch die Weichsel wurde vollständig der Herrschaft Polens unterstellt, obwohl Flußgrenzen sich sonst in der Flußmitte befinden... Derweil marschierten Polens Truppen in Litauen und der Ukraine entgegen den Vorgaben der Ententmächte (und der festgestellten "Curzon-Line") ein und entfesselten den polnisch-sowjetischen Krieg. Durch ihren Sieg gegen die sowjetische Armee erlangte Polen knapp 20 Jahre lang wieder Herrschaft über das angebliche "Ostpolen". Es ist mit Häme und Intrige verbunden, dass Stalin dieses Gebiet 1945 mit Polen gegen die deutschen Ostgebiete eintauschte. Übrigens haben wir es Martin Luther und dem letzten Hochmeister in Ostpreußen zu verdanken, dass wir der protestantischen Kirche angehören. Die neu gewählten Hochmeister des Ordensstaates wurden regelmäßig gezwungen die polnische Lehnshoheit anzuerkennen, sonst drohte ein Krieg mit Polen. Der neu gewählte Hochmeister wiedersetzte sich dem und begann 1519 in Selbstüberschätzung den sogenannte Reiterkrieg. Während eines vorübergehend vermittelten Waffenstillstandes verließ er (Albrecht von Brandenburg-Ansbach) das Ordensland, um in seiner Heimat Ansbach eine Lösung für den Konflikt zu finden. In Nürnberg begegnete er dabei Andreas Osiander, der ihn mit der lutherschen Lehre vertraut machte. Um sich für seine zukünftige Haltung Gewissheit zu verschaffen, traf er am 29.11.1523 und am 12.5.1524 in Wittenberg Martin Luther, der ihm schließlich den Rat gab, "die törichten und verkehrten Ordensregeln beiseite zu werfen, sich eine Frau zu nehmen, in Preußen ein weltliches Regiment einzuführen und das Land zum Herzogtum zu erheben". So geschah es dann auch... Die Kirche Martin Luthers möge unser Land und unser Volk bitte auch jetzt nicht in unserer größten Not preisgeben und völlig der polnischen Willkür überlassen. Dazu bedarf es jedoch unbedingt Wissen und Wahrheit. Warum ich Ihnen das alles schreibe? Sie sollten auf der Hut sein vor all zu bequemen Lösungen, die sich aufgrund der offiziell vertretenen Politik und Meinung anbieten. Wahrheit und Lüge kann man nicht so einfach mit einem "Mantel der Liebe" zudecken. Zwar predigt das Christentum Liebe, aber die Liebe zur Wahrheit gehört unbedingt dazu, denn ohne Wahrheit ist alles nichts! Ich fühle mich oft an die Geschichte von König Salomon und den beiden "Müttern" erinnert, wenn ich an Ost-/Westpreußen denke: Unser "Kind" ist in den Händen der falschen Mutter. Wir müssen Acht geben, dass sie ihm nicht mit ihren Lügen die Luft zum Atmen nimmt. Umsichtig im Gespräch bleiben und den Konsens suchen, aber bloß nicht gutgläubig den letzten Rest unserer verbliebenen Kulturgüter fortgeben. Wir sollten diese jederzeit verleihen, aber nicht leichtfertig übereignen, denn nur so haben wir die Möglichkeit, unsere Kultur zu bewahren und zu schützen. Polen hat sich unser Vertrauen bisher nicht verdient! Davor sollten auch Sie Ihre Augen bitte nicht verschließen. Wichtig wäre es stattdessen, wenn wir für unsere Kultur und Geschichte endlich bei den Deutschen die angebrachte Wertschätzung erfahren, denn unsere Kultur gehört zu Deutschland! Nur so und über solche Gegenstände und vielleicht auch über unsere Kirche können die Westdeutschen und Europa unsere ganze Geschichte erfahren und aus ihr lernen. Die Wahrheit wurde viel zu lange unterdrückt. Ein wahres Zeichen wäre es, wenn unsere Kirche dazu beitrüge, in unserem Land die Weichen zu stellen und unsere Kultur und Geschichte zu vermitteln, wo uns doch sonst alle im Stich gelassen haben. Wäre sie es uns nicht auch ein bisschen schuldig, nachdem sie uns so lange stiefmütterlich behandelt hat? - Ich sehe direkt, wie Martin Luther uns dabei zuzwinkert ; - ) Frohe Pfingsten! Mit freundlichem Gruß Gabriele Schwarze
Antwort Dr. Evangs am 27.05.2023 auf die Mail von Frau Schwarze vom gleichen Tag
Sehr geehrte Frau Schwarze, im morgigen Pfingstgottesdienst, den ich mit einer Tagungsgemeinde im Kloster Drübeck im Harz feiere, singen wir das Lied „Zieh ein zu deinen Toren“ von Paul Gerhardt, darin auch die 8. Strophe:
Du, Herr, hast selbst in Händen die ganze weite Welt, kannst Menschenherzen wenden, wie es dir wohlgefällt; so gib doch deine Gnad zu Fried und Liebesbanden, verknüpf in allen Landen, was sich getrennet hat.
Auch im Namen von Bischöfin Bosse-Huber wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Pfingstfest. Ihr Martin Evang
Mail von Gabriele Schwarze vom 27.05.2023
Sehr geehrter Herr Dr.Evang, sehr geehrte Frau Bischöfin Bosse-Huber, ist Ihnen gar nicht bewusst, mit was für einer tiefsitzenden Ignoranz und mangelnden Wertschätzung Sie unserem Volk, seiner Kultur und seiner leidvollen Geschichte begegnen? Anstatt uns, den von der Politik unterdrückten Opfern, Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, kleiden sie ihr schändliches Tun in immer neue salbungsvolle Worte. Was soll man nur von Leuten halten, deren Wissen jahrzehntelang von verlogenen oder dümmlichen Medien und Institutionen geprägt wurde. Aus eigener Kraft über ihren kläglichen Tellerrand hinaus zu blicken, ist ihnen nicht vergönnt. Wenn ich da nur an den geschichtlich vollkommen zusammenhangslosen Quatsch denke, den meine Mutter von einem leitenden Mitarbeiter aus Ihrem Büro erhielt, wird mir ganz schlecht. Der armselige Mensch brüstete sich auch noch damit, dass seine Mutter aus Elbing in Westpreußen stamme. Was nützt es, wenn man zwar Vorfahren aus der Region hat, aber nicht eigenständig lesen und denken kann? Wenn das so weiter geht, sehe ich mich wirklich bald gezwungen aus der Kirche auszutreten. Ich denke, andere werden meinem Beispiel folgen. Gabriele Schwarze
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Stellungsnahmen engagierter Freunde des Danziger Paramentenschatzes. Sie erreichten die LM Westpreußen, Berlin, nach der Veröffentlichung ihrer Presseerklärung ab dem 27. Februar 2023.
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